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Frederic Knaudt will es Rewe & Co zeigen

Von Antje Kullrich, Düsseldorf Börsen-Zeitung, 9.1.2020 Vom Niederrhein herkommend macht sich gerade ein Start-up auf, die Großen im Lebensmittelhandel das Fürchten zu lehren. Picnic will mit seinem Lieferdienst groß herauskommen. Investoren...

Frederic Knaudt will es Rewe & Co zeigen

Von Antje Kullrich, DüsseldorfVom Niederrhein herkommend macht sich gerade ein Start-up auf, die Großen im Lebensmittelhandel das Fürchten zu lehren. Picnic will mit seinem Lieferdienst groß herauskommen. Investoren glauben an das Modell: Vor wenigen Wochen erhielt die Picnic-Mutter in den Niederlanden eine Kapitalspritze von 250 Mill. Euro. Finanzierungsrunden in dieser Größenordnung haben trotz steigender Volumina Seltenheitswert in Europa.Die Erwartungen sind entsprechend groß. In Deutschland ist Picnic 2018 gestartet und verzeichnet mit der Lieferung von Lebensmitteln nach Hause erstaunliche Erfolge. Deutschland-Chef ist Frederic Knaudt. Der 34-Jährige bringt eine passende Kombination von Know-how mit: Er kennt sich mit Lebensmitteln aus und ist in der Gründerszene zu Hause. Direkt nach dem Studium an der European Business School in Oestrich-Winkel heuerte Knaudt bei Rocket Internet an und ging als Erstes nach Brasilien, um Zalando in Südamerika hochzuziehen. Es folgte eine Marketing-Verantwortung bei dem Kosmetik-Abo-Versender Glossy Box, bevor sich Knaudt wieder Lebensmitteln zuwandte. Denn dort hatte er schon einige Erfahrung: Sein Vater betrieb Autobahnraststätten, Knaudt hat in seiner Jugend dort immer gejobbt. Seine Bachelorarbeit schrieb er über Systemgastronomie. Nach seiner Zeit bei Rocket Internet gründete Knaudt 2012 das Start-up Kochzauber.Doch der Kochbox-Verkäufer und Hellofresh-Konkurrent war kein großer Erfolg. “Die Masse erreicht das nicht”, stellte Knaudt fest. 2015 übernahm die Discounterkette Lidl das Start-up, stellte es später jedoch ein. Eigentlich hatte Knaudt damals genug von Lebensmitteln. Doch als schließlich die Anfrage von Picnic kam, ein Team für Deutschland aufzustellen, sagte der Jungunternehmer doch zu.Gestartet ist der Dienst 2018 in Neuss, mittlerweile versorgen zehn Standorte etwa 30 kleinere und mittelgroße Städte am Niederrhein und im Ruhrgebiet. In keiner ist Picnic so erfolgreich wie in Mönchengladbach. Hier sind rund 30 % der Haushalte bei der Picnic-App registriert, knapp die Hälfte davon kauft regelmäßig bei dem Lieferdienst ein. “Mönchengladbach ist die am schnellsten wachsende Picnic-Stadt überhaupt”, sagt Knaudt.An der Lieferung von Lebensmitteln nach Hause beißen sich die großen Ketten bislang die Zähne aus. Zu teuer ist der Bringdienst bis zur Haustür für Rewe & Co. Auch die Kunden können sich nicht richtig dafür erwärmen, da der Service kostet. “Wir wollen eine hohe Frequenz, den wöchentlichen Einkauf. Wir sind der einzige Anbieter, der keine Liefergebühr erhebt”, sagt Knaudt. Picnic wirbt mit einem kostenlosen Dienst bei 25 Euro Mindestbestellung und einem Zeitfenster von nur 20 Minuten, in dem die Ware nach Hause kommt. Die Idee des Start-up: An jedem Tag gibt es für bestimmte Viertel eine festgelegte Lieferzeit. So können die Lieferanten mit ihren kleinen elektrischen Lieferwagen in einer Stunde sieben bis acht Haushalte versorgen, weil sie keine langen Wege dazwischen haben. “Wir verstehen uns als Technologie- und Logistikunternehmen, weniger als Lebensmittelhändler”, sagt Knaudt. Irgendwann ist auch der Sprung in die großen NRW-Städte Köln und Düsseldorf geplant. “Die Expansion läuft schneller als erwartet”, konstatiert Knaudt, der dennoch keine Umsatzzahlen nennen will. Geschätzt werden für 2019 rund 40 Mill. Euro.Im bisherigen Geschäftsgebiet kann Picnic theoretisch bis zu 1 Million Kunden erreichen. Das Start-up hat außerdem einen starken Partner an der Hand: Edeka Rhein-Ruhr ist mit 35 % an Picnic Deutschland beteiligt. Was praktisch für die Warenbeschaffung ist: Picnic kauft zu den gleichen Konditionen ein wie der Gesellschafter. Mit dem frischen Geld aus der jüngsten Finanzierungsrunde will Picnic 2020 in weiteren Orten den Lebensmittelhandel aufmischen.