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Fulvio Conti - ein alter Fahrensmann für TIM

Von Gerhard Bläske, Mailand Börsen-Zeitung, 8.5.2018 Allmählich verzieht sich der Rauch. Es wird nun klarer, wie es beim italienischen Telekomkonzern TIM (früher Telecom Italia) weitergehen könnte. Nach der Hauptversammlung am Freitag, in der sich...

Fulvio Conti - ein alter Fahrensmann für TIM

Von Gerhard Bläske, MailandAllmählich verzieht sich der Rauch. Es wird nun klarer, wie es beim italienischen Telekomkonzern TIM (früher Telecom Italia) weitergehen könnte. Nach der Hauptversammlung am Freitag, in der sich der mit dem italienischen Staat verbündete aktivistische Investor Paul Singer (Elliott) gegen die französische Vivendi durchgesetzt hat, kam am gestrigen Montag der neue Aufsichtsrat von TIM zusammen. Elliott hat zehn unabhängige Vertreter in das Gremium geschickt und stellt die Mehrheit. Fünf Mitglieder kommen von Vivendi. Fast alle der von Elliott bestellten Vertreter sind aktuelle oder ehemalige Top-Manager großer staatlicher oder halbstaatlicher Unternehmen. Rückschläge in ItalienAn der Spitze des Gremiums steht ein alter Fahrensmann: Fulvio Conti war viele Jahre CEO des Energiekonzerns Enel. Der 70-jährige Römer war 2014 vom damaligen Regierungschef Matteo Renzi herausgekegelt worden. Er verfügt über viel Erfahrung. Bei Enel betrieb er eine ehrgeizige Expansionsstrategie, hinterließ aber einen Schuldenberg von 40 Mrd. Euro. Das hat dem aus bescheidenen Verhältnissen kommenden Manager, der zuvor bei Mobiloil, Montecatini und Montedison gearbeitet hatte sowie CFO bei der Staatseisenbahn und der damaligen Telecom Italia war, offenbar nicht geschadet. Bei TIM wird er eingerahmt unter anderem von Alitalia-Kommissar Luigi Gubitosi, von Alfredo Altavilla, Vorstandsmitglied bei Fiat Chrysler (FCA), Ex-Alitalia-Geschäftsführer Rocco Sabelli und anderen Managern.Für Vivendi-Großaktionär Vincent Bolloré war die Hauptversammlung ein weiterer Rückschlag in Italien. Er war schon bei der geplanten Übernahme von Berlusconis Mediaset gerichtlich zurückgepfiffen worden und streitet mit dem noch immer sehr einflussreichen ehemaligen Regierungschef. Generell wird Vivendi zum Vorwurf gemacht, zu selbstherrlich aufgetreten zu sein. Vivendi wollte TIM, zusammen mit dem französischen Pay-TV-Sender Canal Plus (ebenfalls Vivendi) und Mediaset, zu einer großen Plattform für den Vertrieb von Inhalten nutzen und eine Art italienisches Netflix aufbauen.Mit seiner Strategie verärgerte er nicht nur die Aktionäre, weil der Kurs lange vor sich hin dümpelte. Er machte sich auch den italienischen Staat zum Gegner. Industrieminister Carlo Calenda wirft Vivendi vor, ein schlechter Aktionär zu sein und den Ausbau des Glasfasernetzes vernachlässigt zu haben. Rom wollte verhindern, dass Vivendi das Festnetz verkauft. So kam es zu einem ungewöhnlichen Bündnis zwischen dem Staat und Elliott. Denn Elliott glaubt, den Aktienkurs durch die Ausgliederung und separate Börsennotierung des Netzes, dessen Wert Experten auf 15 Mrd. Euro taxieren, verdoppeln zu können. Elliott war im März bei TIM eingestiegen und erwarb 8,8 %, die halbstaatliche Cassa Depositi e Prestiti (CDP) kaufte im April 4,9 %.Calanda versichert, dass TIM nicht teilverstaatlicht werden soll. Es gilt als wahrscheinlich, dass das Netz mit dem seinerzeit auf Betreiben Renzis von Enel aufgebauten Netzunternehmen Open Fiber zusammengelegt werden könnte. Open Fiber wird zu 50 % von CDP kontrolliert. So hätte der Staat die Hand auf dem Netz, könnte aber auch Einnahmen generieren, indem ein Minderheitsanteil privatisiert wird. Conti soll mit seiner langjährigen Erfahrung den Übergang gestalten. “Wir werden das aufmerksam beobachten”, sagt Minister Calenda. Der Aktienkurs ging am Montag nach oben und legte um bis zu 1,6 % zu. Vivendi zeigt sich enttäuscht, dass der Staat ausgerechnet einen “kurzfristig orientierten Aktionär” unterstützt, und will sich gegen eine Zerschlagung des Unternehmens wehren, bekundet aber, nicht aussteigen zu wollen. In seltener EintrachtVivendi-CEO Amos Genish wird bleiben. Da waren sich die Aktionäre einig. In seltener Eintracht erklärten sie, ihn unterstützen zu wollen. Er hat sich vorgenommen, die hohen Schulden von 26 Mrd. Euro zu senken und das Rating, das von Standard & Poor’s auf Ramschniveau bewertet wird und von Moody’s mit “Baa1”, zu verbessern. Doch Beobachter glauben, dass der Vivendi-Mann nur bis Jahresende bleibt und dann vom Ex-Alitalia-Manager Gubitosi ersetzt wird. Es ist an Fulvio Conti, seine Aufgabe bei TIM möglichst geräuschlos zu erledigen.