Wegen Spionageverdacht

Geheimdienst-Kontrolleur fordert Sonderermittler zu Marsalek

Der untergetauchte ehemalige Wirecard-Vorstand Jan Marsalek soll enge Verbindungen zu russischen Geheimdiensten gehabt haben. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz fordert die Einsetzung eines Sonderermittlers, um die Angelegenheit genauer zu untersuchen.

Geheimdienst-Kontrolleur fordert Sonderermittler zu Marsalek

Nach Enthüllungen über jahrelange Verbindungen des untergetauchten früheren Wirecard-Vorstands Jan Marsalek zu russischen Agenten fordert Geheimdienstkontrolleur Konstantin von Notz die Einsetzung eines Sonderermittlers. Da der Fall Marsalek eine „so relevante Sicherheitsfrage für andere Dax-Unternehmen, für die deutsche Wirtschaft, für die deutsche Politik“ sei, gebe es die Pflicht, genau hinzuschauen und wirklich zu ermitteln, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) im Bundestag am Freitag dem ZDF und dem „Spiegel“. „Ich könnte mir gut vorstellen, dass man versucht, mit einem Sonderermittler diesen Fragen auf den Grund zu gehen.“

Das Nachrichtenmagazin und der Sender hatten eine gemeinsame Recherche mit dem österreichischen „Standard“ und der russischen Plattform „The Insider“ veröffentlicht, derzufolge der österreichische Manager seit dem Jahr 2014 – also sechs Jahre vor der Wirecard-Pleite – in engem Kontakt zu russischen Geheimdiensten und Spionen gestanden haben soll. Nach dem Kollaps des Dax-Konzerns im Sommer 2020 sollen russische Geheimdienstler dem flüchtigen Marsalek gefälschte Identitäten verschafft haben – unter anderem als Priester. Die Recherche offenbare „ein krasses wie beunruhigendes Ausmaß russischer Einflussoperationen in Europa und Deutschland“, schrieb von Notz auf der Plattform X (früher Twitter).

Die Bundesregierung hielt sich bedeckt. „Die Bundesregierung nimmt grundsätzlich zu Angelegenheiten, die etwaige nachrichtendienstliche Erkenntnisse oder Tätigkeiten der Nachrichtendienste betreffen, nicht öffentlich Stellung“, erklärte ein Regierungssprecher. „Damit ist keine Aussage getroffen, ob der Sachverhalt zutreffend ist oder nicht.“

Mutmaßlicher Spion

Im Herbst vergangenen Jahres hatte jedoch die Staatsanwaltschaft der britischen Krone publik gemacht, dass Marsalek Kontaktmann für ein russisches Spionagenetzwerk in Großbritannien gewesen sein soll. Demnach soll Marsalek nach seiner Flucht aus Deutschland Aufträge an fünf Bulgaren erteilt haben, die sich als mutmaßliche russische Spione in London vor Gericht verantworten müssen.

Auch österreichische Ermittler sollen der Recherche zufolge Marsalek und zwei frühere Verfassungsschützer der Alpenrepublik als Spione im Verdacht haben. In Wien reagierten Verfassungsschutz und Innenministerium zunächst nicht auf Anfragen.