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Gemkow setzt als Haniel-Chef erste Duftmarken

Von Annette Becker, Düsseldorf Börsen-Zeitung, 29.11.2012 Bei Haniel hat frischer Wind Einzug gehalten. Gerade vier Monate im Amt setzt Stephan Gemkow, Vorstandsvorsitzender des Traditionskonzerns Franz Haniel & Cie., erste zaghafte Schnitte am...

Gemkow setzt als Haniel-Chef erste Duftmarken

Von Annette Becker, DüsseldorfBei Haniel hat frischer Wind Einzug gehalten. Gerade vier Monate im Amt setzt Stephan Gemkow, Vorstandsvorsitzender des Traditionskonzerns Franz Haniel & Cie., erste zaghafte Schnitte am Portfolio des Familienkonzerns an. Dass er dafür nicht den Weg über die Öffentlichkeit sucht und braucht, sondern gleich zur Tat schreitet, spricht nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre für sich.In enger Abstimmung mit den Gesellschaftern, als deren oberster Angestellter er sich versteht, hat sich Gemkow auf ein Abschmelzen der beiden größten Beteiligungen – Celesio und Metro – verständigt. Schritte, die seinem Vorgänger Jürgen Kluge auch vorschwebten, die der einstige Deutschland-Chef von McKinsey im vielstimmigen Chor der knapp 650 Familiengesellschafter jedoch nicht durchsetzen konnte. Kluges Fehler: Er hatte vollmundigen Ankündigungen zum Amtsantritt keine Taten folgen lassen.Um diese Umstände wissend dürfte sich Gemkow daher auch den Rückhalt der wichtigsten Familiengesellschafter für schmerzhafte Maßnahmen eingeholt haben, bevor er im Frühjahr dieses Jahres seinen ersten dreijährigen Dienstvertrag bei Haniel unterzeichnete. Denn dass in einem traditionsreichen Familienkonzern andere Spielregeln gelten als bei einer anonymen Kapitalgesellschaft wie der Lufthansa, seinem langjährigen Arbeitgeber, war Gemkow vor seinem Wechsel bewusst.Es ginge zu weit, diesen Aspekt als Hauptmotiv für Gemkows Neuanfang in Duisburg anzuführen, ganz unbedeutend ist das Thema jedoch nicht, spricht der 52-Jährige doch ganz offen darüber, dass er sich bei Lufthansa gelegentlich mehr unternehmerische Einflussnahme seitens des Aufsichtsrats und der größeren Aktionäre gewünscht hätte.Gemkow ist ein Pragmatiker, der über profunde Finanzmarktexpertise verfügt. Trotz seiner einschlägigen Laufbahn bei Lufthansa – vom Leiter Konzernfinanzen ging es über den Posten des Finanzchefs der Frachttochter Cargo bis hinauf zum CFO im Konzern – versteht sich der Wahlkölner weniger als Zahlenmensch, sondern als Gestalter mit Finanzerfahrung. Eigenschaften, die bei Haniel mehr als erwünscht sind, ist von der einstigen Strahlkraft des Traditionskonzerns, der sich das Motto “Enkelfähigkeit” auf die Fahnen schreibt, inzwischen doch nicht mehr viel übrig geblieben. Ringen um AnerkennungDie Analyse ist bekannt: Haniel hat sich mit der fremdfinanzierten Aufstockung der Metro-Beteiligung den Handlungsspielraum derart beschnitten, dass an den jetzt angekündigten Aktienverkäufen kein Weg vorbeiführt. Denn während die Schulden geblieben sind, ist der Wert der Beteiligungen – allen voran am Handelskonzern Metro – verfallen. Daher rangiert der Duisburger Konzern bei den Bonitätswächtern schon längst auf Ramschniveau. Ein Umstand, den Kluge vergeblich zu verhindern versuchte. Wie ernst die Situation ist, zeigt sich auch daran, dass bei Haniel inzwischen abermals eine Dividendenkürzung im Gespräch ist. Noch vor wenigen Jahren war das beinahe ein Kündigungsgrund für den Überbringer der schlechten Nachricht. Gemkow dürfte sich dagegen mit dem klar eingeschlagenen Kurs Anerkennung im Gesellschafterkreis erarbeiten. Raus aus den SchlagzeilenZu verdanken hat das der gelernte Bankkaufmann aber nicht nur seinem überzeugenden Auftreten, sondern ein Stück weit auch dem Scheitern seiner beiden Vorgänger, die nicht zuletzt aufgrund der – um es neutral zu formulieren – medialen Positionierung des Familienkonzerns das Vertrauen des verschwiegenen Traditionshauses verspielten.Da fügt es sich ideal, dass Gemkow nach eigenem Bekunden keineswegs nach Öffentlichkeit strebt. “Ich muss keine Schlagzeilen produzieren”, kokettiert der gebürtige Lübecker schon mal im Gespräch mit Journalisten.