Gläubiger erhöhen Druck auf Krypto-Mogul Barry Silbert
Druck auf Krypto-Mogul Barry Silbert wächst
Von Alex Wehnert, New York
Im Juni darf sich Barry Silbert noch einmal als Kopf der Krypto-Szene feiern lassen. Denn der Gründer der Digital Currency Group (DCG) zählt zu den Starrednern der Branchenkonferenz „Proof of Talk“ in Paris, bei der er neben anderen prominenten Köpfen wie Fondsmanagerin Cathie Wood auftreten soll. Doch auch in diesem Rahmen dürften unangenehme Fragen an Silbert laut werden.
Denn Gläubiger erheben Betrugsvorwürfe gegen den Krypto-Mogul, dessen Vermögen das Magazin „Forbes“ vor drei Jahren auf 3,2 Mrd. Dollar schätzte. Sie beziehen sich dabei auf die Ereignisse des Krypto-Winters 2022, als der Kollaps des Stablecoins TerraUSD und der Zusammenbruch der Digital-Assets-Börse FTX Bitcoin auf Talfahrt schickte. Silbert beschwor Kunden seiner unter Druck geratenen Lending-Plattform Genesis damals, ruhig zu bleiben – ihr Geld sei sicher.
Millionenkredite zurückgefordert
Doch Genesis musste im Januar 2023 in die Insolvenz flüchten. Gläubiger beschuldigen Silbert, seine Unternehmen zu lasch beaufsichtigt, ihre finanziellen Probleme falsch dargestellt und in der Zwischenzeit selbst Mittel von ihnen abgezogen zu haben. So habe die Beratungsgesellschaft Oliver Wyman schon im April 2022 eine Analyse mit Silbert geteilt, in der sie vor einem Markteinbruch warnte.
Am Tag, nachdem er den Bericht erhalten habe, forderte Silbert laut den Gläubigern 4 Mill. Dollar an Krediten zurück, die er an Genesis vergeben hatte. Und in den Folgetagen habe die DCG weitere 125 Mill. Dollar an Rückzahlungen von der Lending-Plattform angestoßen. Im Verlauf des Jahres 2022, heißt es in der Klageschrift, hätten Silbert und Verbündete 800 Mill. Dollar von Genesis abgezogen.
Hedgefonds-Pleite reißt Milliardenloch
Unterdessen riss der Zusammenbruch des Hedgefonds Three Arrows Capital – der zugleich größter Eigner des unter dem Dach der DCG operierenden Grayscale Bitcoin Trust war und bei Genesis in der Kreide stand – im Juni 2022 ein Loch von 1,1 Mrd. Dollar in die Bilanz der Lending-Plattform. Wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, soll Silbert in internen Nachrichten betont haben, „die Eigenkapitallücke durch das Exposure gegenüber Three Arrows bis Ende des Monats füllen“ zu müssen. Gegenüber Investoren wie Milliardär Mark Cuban gab der Krypto-Mogul gemäß der Vorwürfe indes an, Genesis habe keine Liquiditätsprobleme. Zudem überzeugte er die Handelsplattformen Bitvavo und Gemini, Mittel von 3 Mrd. Dollar bei dem Lender zu belassen.
Silberts Sprecher bezeichnen die in der 202 Seiten langen Klageschrift erhobenen Vorwürfe als „haltlos“. Es handle sich um „einen opportunistischen Versuch raffinierter Investoren“, aus den Problemen der DCG „Kapital zu schlagen“. Das Krypto-Konglomerat habe „nach Treu und Glauben mit einem breiten Spektrum an Stakeholdern zusammengearbeitet, um eine umfassende Lösung für die mit der DCG verbundenen Aspekte der Genesis-Insolvenz zu finden“.
Betrugsverfahren laufen noch
Die Gläubiger fordern von Silberts Unternehmen Entschädigungen von 2,3 Mrd. Dollar. Im Januar zahlte die DCG bereits 38 Mill. Dollar, um eine Klage der US-Börsenaufsicht SEC wegen zu lascher Beaufsichtigung von Genesis beizulegen. Allerdings liegt das Krypto-Konglomerat mit der stillgelegten Tochter im Clinch. Hintergrund ist ein in New York ausgehandelter Vergleich, in dessen Rahmen Genesis 2 Mrd. Dollar an Kunden zurückführen soll. In einem noch laufenden zivilen Betrugsverfahren der New Yorker Staatsanwaltschaft streitet DCG jedwedes Fehlverhalten im Zusammenhang mit dem Kollaps des Lenders ab.
Für Silbert stehen nun noch ungemütliche Tage an. Der Krypto-Mogul, der nach eigenen Angaben schon bei Kursniveaus von unter 10 Dollar in Bitcoin investierte, hob sich einst durch seine Warnungen vor Risiken von anderen Vertretern des Sektors ab. Die DCG baute der 48-Jährige auf einer Value-Strategie auf, bevor sie laut Kritikern nahezu ungehemmt wuchs. Nun droht der kalte Hauch des Krypto-Winters 2022 den aus Maryland stammenden Unternehmer einzuholen.