Glencore-CEO Gary Nagle steuert den Konzern ins Abseits
Glencore-CEO Gary Nagle steuert den Konzern ins Offside
Glencore-CEO Gary Nagle steuert den Konzern ins Offside
Von Daniel Zulauf, Zürich
Seit fünf Jahren steht Gary Nagle an der Spitze des Rohstoffriesen Glencore. Im Juli 2021 löste er den langjährigen Chef und Architekten des integrierten Bergbau- und Handelsunternehmens Ivan Glasenberg ab, der als größter Aktionär mit einem Anteil von fast 10% aber immer noch ein gewichtiges Wort im Konzern mitreden dürfte.
Nagle hatte sich bei seiner Wahl zum CEO den wenig schmeichelhaften Übernahmen Mini-Ivan erworben. Der 50-jährige Südafrikaner teilt nicht nur die Herkunft als Gemeinsamkeit mit seinem mächtigen Vorgänger. Den beiden wird auch die gleiche Vorliebe zum Kohlegeschäft nachgesagt.
Wachstum im Kohlegeschäft
Geht man nach den offiziellen Zahlen, hat sich das bis dato nicht verändert. Statt das Kohlegeschäft „verantwortungsvoll herunterzufahren“, wie dies Nagle nach seiner Wahl zum Glencore-Chef in Interviews öffentlich angekündigt hatte, ist der Konzern just in diesem Bereich gewachsen. 2021 hatte Glencore in seinen Minen in Australien, Kolumbien und Südafrika noch 103 Mill. Tonnen von dem fossilen Energieträger gefördert. 2024 waren es knapp 120 Mill. Tonnen gewesen.
Großen Investoren wie dem norwegischen Staatsfonds Norges ist die in hohem Maß klimaschädliche Kohleproduktion von Glencore schon lange ein Dorn im Auge. Nicht nur für Norges sind Glencore-Aktien deshalb tabu. Seit dem letzten Höhepunkt von 576 britischen Pence im Januar 2023 haben die Glencore-Aktien 50% ihres Wertes verloren. Schlechter lief kaum eine andere Bergbauaktie.
Nun sieht sich Glencore gezwungen die Kohleförderung zu drosseln. Das sorgt für Unruhe in der Belegschaft und darüber hinaus, wie die Diskussionen auf der diesjährigen Hauptversammlung Ende Mai gezeigt haben.
Verlust im Jahr 2024
Inzwischen dürften sich aber auch Glasenberg und seine getreuen Mitaktionäre ihre Gedanken über den ökonomischen Sinn des Kohlegeschäfts machen. Der starke Anstieg der Kohlepreise nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 ist längst in eine Baisse übergegangen. Nach einem astronomischen Gewinn von 17,3 Mrd. Dollar im Jahr 2022 resultierte 2024 ein Verlust von 1,6 Mrd. Dollar.
„Gary Nagle steht heftig unter Druck“, sagt ein langjähriger Glencore-Mitarbeiter, der damals lieber den Briten Kenny Ives an der Spitze des Konzerns gesehen hätte. Ives stand seinerzeit als Chef der Nickel-Sparte für eine Zukunft von Glencore als zentralem Akteur im Geschäft mit jenen Nichteisenmetallen, die zur Herstellung von Akkumulatoren und Batterien oder generell zur Bewältigung der Energiewende benötigt werden.
Die Konkurrenz macht es vor
Der langjährige Glencore-Trader wechselte zu IXM nach Genf, der Metallhandelsabteilung des chinesischen Berbaukonzerns CMOC, wo er inzwischen in die für Nichtchinesen höchstmöglichen Sphären des Managements aufgestiegen ist. Die Chinesen bauen das Geschäft mit den strategischen Metallen stetig aus. Dasselbe machen zahlreiche andere Rohstoffhändler wie Vitol, Mercuria oder Gunvor, die ihr Geld in den vergangenen Jahrzehnten zum allergrößten Teil mit fossilen Energieträgern verdient haben. Zu schlagen gilt es die Dominatorin Glencore.
Auch Gary Nagle versuchte es im April 2023 mit einer Übernahme des kanadischen Bergbauunternehmens Teck Ressources, das mit einer großen Kupferproduktion und noch viel größeren Kupferreserven lockte. Doch Glencore ließ sich mit der Kokskohleproduktion als Trostpreis abspeisen.
Der Deal hat Glencore nicht weitergebracht. Im Gegenteil: Langjährige Branchenanalysten mutmaßen, dass das im Januar in der Gerüchteküche ruchbar gewordenen Scheitern der Fusionsgespräche zwischen Glencore und Rio Tinto dem übermäßigen Kohlengagement der Schweizer geschuldet sein könnte. Ziemlich einig sind sich die Beobachter darüber, dass dort auch die Erklärung für die im Konkurrenzvergleich niedrige Börsenbewertung von Glencore zu suchen ist.