Hypotheken-Regulator wird für Trump zum Pitbull
Hypotheken-Regulator wird für Trump zum Pitbull
Hypotheken-Regulator
wird für Trump zum Pitbull
Von Alex Wehnert, New York
William „Bill“ Pulte sticht in einer äußerst aggressiven US-Administration noch als Abteilung Attacke hervor. Der von Präsident Donald Trump eingesetzte Vorsitzende der Federal Housing Finance Agency (FHFA) hat bei seiner Behörde und den ihm unterstellten staatlich gestützten Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac zum Kahlschlag angesetzt. So machte der ehemalige Private-Equity-Manager und Erbe eines Immobilienentwickler-Imperiums sich im März selbst zum Verwaltungsratschef beider Institute und entließ über ein Dutzend Direktoren der Banken sowie hochrangige Vertreter der eigenen Behörde.
Vorgehen gegen politische Gegner
Doch sein Einfluss reicht inzwischen viel weiter: Pulte ist für Trump zu einer Art Pitbull geworden, den der Republikaner auf seine Feinde hetzt. So begann der heute 37-Jährige im April damit, mehreren politischen Gegnern des Präsidenten Hypothekenbetrug vorzuwerfen. Darunter sind Letitia James, Generalstaatsanwältin von New York, der demokratische Senator Adam Schiff (Kalifornien) und Lisa Cook, Gouverneurin der Federal Reserve. Gerade letztgenannter Fall schlug hohe Wellen, nahm Trump Pultes Vorstoß doch zum Anlass, Cook aus dem Führungsgremium der Notenbank zu entlassen – und ließ mit dem historisch beispiellosen Schritt den schwelenden Konflikt um die Unabhängigkeit der amerikanischen Geldpolitik eskalieren.
Cook, die als Gegnerin der vom Präsidenten geforderten schnellen Zinssenkungen gilt, klagte gegen ihre Demission und blieb nach vorläufigen gerichtlichen Entscheidungen vorerst im Amt. Trump zog mit darauf mit einem Eilantrag vor den Obersten Gerichtshof, der in der laufenden Woche aber daran festhielt, dass die Notenbankerin ihren Sitz im Gouverneursrat vorerst behalten darf. Anhörungen vor dem Supreme Court sind für Januar angesetzt – spätestens kurz darauf soll sich entscheiden, wie sicher die Fed vor den Interventionen des Präsidenten ist.
Kritik aus der Finanzszene
Vertreter der New Yorker Finanzszene kritisieren Pultes Vorgehen derweil als Überschreitung seiner Kompetenzen. Einerseits verweisen sie darauf, dass einige von Trumps Parteifreunden um den texanischen Generalstaatsanwalt Ken Paxton unter Verdacht stehen, genau die Verbrechen begangen zu haben, die der FHFA-Direktor Cook vorwirft. Andererseits solle sich Pulte darauf konzentrieren, bei Fannie Mae und Freddie Mac aufzuräumen. Denn dass der Chef des Regulators in seiner erst seit März andauernden Amtszeit bereits zahlreiche Verstöße gegen Kreditgesetze gefunden haben will, die vorher teils über Jahrzehnte unentdeckt geblieben sein sollen, lasse auf tiefe Mängel in den Kontrollmechanismen der Hypothekenbanken schließen.
Pultes Kahlschlag in seiner Behörde sowie bei Fannie und Freddie weckt indes Befürchten, dass die Institute massive Schwierigkeiten haben werden, die von ihnen gesetzten Kreditstandards präzise zu kontrollieren und stimmige Daten für Investoren bereitzustellen. Sein radikales Vorgehen trifft den Markt in einer Phase, in der Trumps Handels- und Fiskalpolitik ohnehin für Volatilität bei hypothekenbesicherten Wertpapieren sorgen.
Komplexes Projekt vor der Brust
Dabei soll der in Boca Raton, Florida geborene Enkel des Immobilienmagnaten William John Pulte, der schon im großväterlichen Unternehmen in zahlreiche Scharmützel mit Managern und Verwaltungsräten verstrickt war, eigentlich ein extrem komplexes Projekt steuern: Die Privatisierung von Fannie und Freddie, die im Zuge der Finanzkrise 2008 unter staatliche Verwaltung gerieten. Ökonomen warnen davor, dass alles andere als ein extrem vorsichtiges Vorgehen bei diesem Vorhaben den US-Hypothekenmarkt zum Einsturz bringen könnte.
Fannie Mae und Freddie Mac stellen zwar selbst keine Kredite aus, garantieren und bündeln diese aber in Mortgage Backed Securities (MBS) und kreieren damit einen Sekundärmarkt im Gesamtvolumen von 6,6 Bill. Dollar. Gewichtet nach Kreditrisiko hängen damit 48% der US-Inhaberschuldverschreibungen auf Immobilien an den beiden Instituten, weitere 17% entfallen auf die vollständig staatliche Ginnie Mae.
Schwere Verwerfungen drohen
Selbst kleine Anpassungen an der Struktur und Beaufsichtigung der Hypothekenbanken können das Vertrauen, das Investoren in die von den Instituten aufgelegten Wertpapiere setzen, massiv beeinflussen. Bröckelt es, macht sich das unmittelbar in den Bilanzen von Assetmanagern um Blackrock und Pimco, US-Groß- und Regionalbanken sowie der Federal Reserve bemerkbar, die weiterhin großvolumige MBS-Positionen halten. Sie und andere Investoren können diese aufgrund der Beteiligung Washingtons an den Ausstellern Fannie Mae und Freddie Mac praktisch als Kredite ohne Default-Risiko mit ähnlicher Sicherheit wie Treasuries behandeln. Entlässt die US-Regierung die Hypothekenbanken ohne formalisierten staatlichen Backstop in den freien Markt, kann dies schwere Verwerfungen im gesamten Finanzsystem anrichten.
Investmentbanker, denen die Krise von 2008 noch in düsterer Erinnerung ist, beobachten Pultes bisheriges Wirken bei der FHFA daher mit schweren Magenschmerzen. Denn Trumps Pitbull gehe auf seiner politischen Mission so rücksichtslos vor, dass von ihm auch an anderer Stelle keine bedachten Maßnahmen zu erwarten seien.