Warren Buffetts Vize

Investmentlegende Charlie Munger verstirbt mit 99 Jahren

Charlie Munger hat seinem langjährigen Weggefährten Warren Buffett immer gern das Rampenlicht überlassen. Doch der nun im Alter von 99 Jahren verstorbene Vize-Chairman von Berkshire Hathaway war selbst ein genialer Investor.

Investmentlegende Charlie Munger verstirbt mit 99 Jahren

Charlie Munger †

xaw New York

Der US-Finanzmarkt verliert eine seiner einflussreichsten Persönlichkeiten: Charlie Munger, der Vize-Vorsitzende von Warren Buffetts Holding Berkshire Hathaway, ist im Alter von 99 Jahren in Kalifornien verstorben. Das Konglomerat mit Sitz in Omaha, Nebraska, hätte „ohne Charlies Inspiration, Weisheit und Mitwirkung“ nicht seinen heutigen Status erreichen können, erklärte Buffett in einer Mitteilung.

Buffetts Schattenmann

Die beiden Investmentlegenden waren seit Jahrzehnten gemeinsam aktiv. Munger, der 1978 Vize-Vorsitzender von Berkshire Hathaway wurde, stand in dieser Zeit öffentlich häufig im Schatten von Buffett. Auf den jährlichen Versammlungen der Holding brachte er das Publikum häufig zum Lachen, indem er die langen Ausführungen seines Vorsitzenden mit „I have nothing to add“ („Dem habe ich nichts hinzuzufügen“) abrundete. Während Buffett laut dem Bloomberg Billionaires Index mit einem Vermögen von 121 Mrd. Dollar zuletzt der neuntreichste Mensch der Welt war, spielte Munger in einer niedrigeren Milliardärsliga. Sein Vermögen schätzte das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ zuletzt auf 2,7 Mrd. Dollar.

Warren Buffett (links) und Charlie Munger waren über Jahrzehnte unzertrennlich. Foto: AP Photo/Nati Harnik.

Doch im Hintergrund übte Munger großen Einfluss auf Buffett aus. Anfang der 1970er-Jahre überredete er den Berkshire-Vorsitzenden, den Süßwarenhersteller See's Candy Shops für 25 Mill. Dollar zu übernehmen – damals mehr als das Dreifache der Eigenkapitalbasis des Zielunternehmens. Die Transaktion ist aber nicht nur aufgrund der kumulierten Gewinne von über 2 Mrd. Dollar relevant, die See's seit der Übernahme im Jahr 1972 für Berkshire generiert hat. Vielmehr bedeutete sie für Buffett den Anfang einer neuen Investmentstrategie.

Unter dem Einfluss seines Mentors Benjamin Graham, dem Vater der fundamentalen Wertpapieranalyse, kaufte Buffett zuvor so gut wie jedes Unternehmen, solange es günstig war. Mittelmäßige Firmen, die er zu großen Preisabschlägen erworben hatte, bezeichnete der Starinvestor als „Zigarrenstummel“. Ein solcher war auch Berkshire Hathaway, die sich unter Buffett und Munger vom gebeutelten Textilunternehmen zur führenden Versicherungsholding wandelte. Während Munger seinen Beitrag stets herunterspielte, hob sein Weggefährte diesen hervor. „Es ist weit besser, ein wundervolles Unternehmen zu einem fairen Preis zu kaufen als ein mittelmäßiges Unternehmen zu einem wundervollen Preis“, schrieb Buffett 1989 an seine Aktionäre. „Charlie hat das früh verstanden, ich habe es nur langsam gelernt.“

Tatsächlich war Munger selbst ein brillanter Investor. Zwischen 1962 und 1975 leitete er eine eigene Partnerfirma, die über diesen Zeitraum gemäß eines Buffett-Essays einen durchschnittlichen jährlichen Wertzuwachs von 19,8% generierte. Die Leitindizes Dow Jones und S&P 500 legten während der gleichen 14 Jahre durchschnittlich um 5 bzw. 5,2% zu.

Munger führte zudem die Wesco Financial Corporation, inzwischen eine hundertprozentige Berkshire-Tochter. Mit dieser beteiligte er sich an Firmen wie Coca-Cola, Wells Fargo und Goldman Sachs – immer mit dem Ansatz, ein konzentriertes Portfolio zu kontrollieren, über das er jederzeit bestens informiert war. Buffett prägte dies stark. Berkshire sei „nach Charlies Bauplan“ entstanden, schrieb der Vorsitzende 2015.

Charlie Munger, hier mit Microsoft-Gründer Bill Gates, gab sich gerne mürrisch und wortkarg, galt privat aber als humorvoll und redselig. Foto: AP Photo/Nati Harnik.

Munger und Buffett begegneten sich erstmals 1959 bei einer Abendveranstaltung in ihrer gemeinsamen Heimatstadt Omaha. Gehört hatten sie zu diesem Zeitpunkt schon voneinander – der ältere Munger arbeitete als Teenager schließlich im Lebensmittelladen von Buffetts Großvater. Von dem Dinner im Jahr 1959 an waren die beiden Finanzgrößen unzertrennlich; sie sollen sich häufig mehrfach am Tag per Telefon ausgetauscht haben.

Schwere Schicksalsschläge

Munger gab bei Investorenevents zwar zumeist den mürrischen und wortkargen Nebendarsteller – auf eine Frage zur Spekulation um Internetaktien antwortete er bei der Berkshire-Hauptversammlung 2000: „Wenn Sie Rosinen mit Scheiße mischen, haben Sie immer noch Scheiße“. Doch während er Buffett das Rampenlicht überließ, galt der siebenfache Vater privat als humorvoll, offen und redselig.

Die Redseligkeit verschlugen Munger auch Schicksalsschläge nicht. Sein Sohn Teddy verstarb 1955 im Alter von neun Jahren an Leukämie, seine Leidenszeit ließ den Investor wohl nie los. Im Jahr 1978 verunglückte eine Operation wegen grauen Stars, Munger verlor in der Folge ein Auge. Dem behandelnden Arzt gab Munger, der trotzdem weiter Auto fuhr, nie die Schuld. Komplikationen seien in 5% der Fälle eben üblich.

Studium für die Armee abgebrochen

Wahrscheinlichkeiten spielten für Munger immer eine große Rolle, obwohl er sein Studium der Mathematik an der University of Michigan nie zu Ende brachte. Stattdessen schloss er sich 1943 der Army an. Bei einer Einstufungsprüfung erzielte er gute Noten. Darauf sandte das Air Corps ihn zum Studium der Thermodynamik und Meteorologie nach New Mexico und Kalifornien, um ihn schließlich mit der Rolle des Wettermanns auf einer Airbase in Alaska zu betrauen.

Von der Juristerei ins Investment

Nach dem Zweiten Weltkrieg überzeugte Munger den Dekan der Harvard Law School, ihn trotz fehlendem College-Abschluss aufzunehmen. Sein Studium schloss er Magna cum Laude ab und eröffnete eine Anwaltskanzlei in Südkalifornien. Doch die Juristerei band Munger nicht lange, die Welt der Investments zog ihn in ihren Bann. In ihr sollte Munger zur Legende aufsteigen. Am Neujahrstag 2024 wäre er 100 Jahre alt geworden.

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