Neue Turbulenzen

Die Lage bei René Benkos Signa Holding spitzt sich weiter zu

René Benko steht vor dem Rückzug aus seinem Firmenimperium. Zu den unmittelbaren Fälligkeiten gehören eine privat begebene Anleihe in Höhe von 200 Mio. Euro.

Die Lage bei René Benkos Signa Holding spitzt sich weiter zu

Investor bestätigt Benkos Rückzug von Signa

Reuters/Bloomberg Frankfurt
Reuters/Bloomberg Frankfurt

Neue Turbulenzen bei der milliardenschweren Signa Holding, zu der neben Prestige-Immobilien in Innenstädten auch die Warenhauskette Galeria gehört: Der Tiroler Immobilieninvestor René Benko steht nach Aussagen seines Mitgesellschafters Hans Peter Haselsteiner vor dem Rückzug aus seiner Holding. Der Bauunternehmer und frühere Strabag-Chef Haselsteiner, der Anteile an Signa hält, sagte dem ORF Radio am Freitag, dass sich Benko zurückzieht und der deutsche Sanierungsexperte Arndt Geiwitz in führender Rolle einsteigt. "Die Gesellschafter haben diesen Schritt zustimmend und auch positiv zur Kenntnis genommen, weil das Vertrauen in Herrn Geiwitz vorhanden ist, und zwar lückenlos", sagte Haselsteiner.

Ein Sprecher von Geiwitz wollte die Angaben nicht bestätigen. Von einem Signa-Sprecher war keine Stellungnahme zu erhalten. Signa steht wie viele Immobilien-Unternehmen angesichts der rasant gestiegenen Zinsen unter Druck. Die Sporthandelstochter Signa Sports United (SSU) musste jüngst Insolvenz anmelden.

Bemühungen um eine Umstrukturierung des Unternehmens

Ein Hauptaktionär des 23 Milliarden Euro schweren Immobilienimperiums von Rene Benko fordert seine Mitinvestoren auf, der Signa Holding GmbH mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, um eine geordnete Rettung zu ermöglichen.

Der österreichische Baumagnat Hans Peter Haselsteiner entwickelt sich zu einer treibenden Kraft bei den Bemühungen um die Umstrukturierung des Unternehmens, das mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen hat, die zum Stopp einiger Bauprojekte geführt haben.

Letzte Woche forderten Haselsteiner und andere Aktionäre den Signa-Gründer und Mehrheitseigentümer Benko auf, die Kontrolle an Arndt Geiwitz zu übergeben, einen bekannten deutschen Sanierungsexperten, der das Unternehmen berät. Benko stimmte einem vorübergehenden Machtwechsel unter der Bedingung zu, dass sich die Aktionäre an der Finanzierung der Umstrukturierung beteiligen, sagte Haselsteiner am Freitag.

Nun wirbt der milliardenschwere Eigentümer der Strabag SE um diese Finanzierungszusagen von anderen Investoren, darunter der deutsche Transportunternehmer Klaus-Michael Kühne und der Zoohandelsgründer Torsten Toeller, sowie die Investmentvehikel der französischen Peugeot-Familie und der schwedischen Rausings.

"Das Unternehmen kann gerettet werden. Es ist nicht überschuldet, sondern in einer schwierigen Liquiditätssituation." so Haselsteiner gegenüber der Tiroler Tageszeitung. Es sei zu hoffen, dass alle Aktionäre mitziehen, "sonst geht es nicht", wurde er zitiert.

Benko ist seit Jahren auf Fremdkapital angewiesen, um Signa zu einem der bedeutendsten Immobilieneigentümer in Europa zu machen. Steigende Zinssätze und sinkende Immobilienpreise haben jedoch dazu geführt, dass Banken und andere Geldgeber zögern, mehr Geld zu geben.

Nun muss Geiwitz den Umfang der Finanzierungslücken ermitteln. Dieser Prozess könne drei bis vier Wochen dauern, wurde Haselsteiner mit den Worten zitiert.

Zu den unmittelbaren Fälligkeiten gehören eine privat begebene Anleihe in Höhe von 200 Mio. Euro, die Ende November fällig wird, und Genussrechte, die zum Jahresende fällig werden, wie aus dem Jahresbericht von Signa Prime hervorgeht.

Geiwitz soll Stimmrechte erhalten

Geiwitz hat sich bei den Insolvenzverfahren von Galeria und der Drogeriekette Schlecker einen Namen gemacht. Signa hatte Geiwitz bereits vor Wochen mit einem Beratungsauftrag an Bord geholt. "Eine offizielle Funktion bekleidet er momentan dort nicht", hatte sein Sprecher damals gesagt.

"Die Gesellschafter haben diese Woche René Benko gebeten, noch einen Schritt weiter zu gehen und Herrn Geiwitz nicht nur als Sanierungsbeauftragten einzusetzen, sondern auch als Art Generalbevollmächtigten", sagte Haselsteiner. Darüber hinaus sollte Geiwitz laut Haselsteiner auch alle Stimmrechte übertragen bekommen, die Benko oder seine Stiftungen in der Signa Holding innehaben. Direkt und indirekt hält Benko laut ORF rund 50% der Anteile. Eine offizielle Funktion hat er allerdings keine. Das "Handelsblatt" und der "Spiegel" hatten zuvor berichtet, dass Haselsteiner und andere Investoren sich von Benko abgewandt hätten und Geiwitz die Leitung der Gruppe übergeben wollten.

Die insolvente Signa Sports United ist die Muttergesellschaft Dutzender Internethändler aus dem Sportartikelmarkt wie Tennis-Point, fahrrad.de, Campz und Outfitter. Benkos Signa Holding hatte SSU vor zwei Jahren an die New Yorker Börse gebracht. Als sie eine Finanzierungszusage über 150 Mill. Euro vor kurzem zurückzog, rutschten das Unternehmen und seine Töchter in die Schieflage.

Während des Immobilienbooms der letzten zehn Jahre sammelte Benko prominente Investoren und Trophäen-Gebäude wie die Luxustempel KaDeWe in Berlin oder Selfridges in London. Doch steigende Zinsen, sinkende Bewertungen und knapp werdende Liquidität haben dazu geführt, dass seine einst treu ergebenen Investoren zunehmend ungeduldig bei der Signa Holding und den zahlreichen mit ihr verbundenen Unternehmen an die Tür klopfen. Es ist eine rasante Kehrtwende für den Schulabbrecher und Selfmade-Mogul, dessen komplexe Geschäftsstrukturen schon seit geraumer Zeit Fragen aufwerfen. Er war noch immer Dreh- und Angelpunkt der Gruppe, obwohl er 2013 alle formellen Funktionen niederlegte, nachdem er in Österreich wegen eines Korruptionsdelikts verurteilt worden war.

Anleihe abgestürzt

Benko legte jahrelang eine verblüffende Fähigkeit an den Tag, Kapital zu beschaffen und seine Geldgeber bei Laune zu halten. Doch der europäische Immobilienmarkt leidet momentan stark unter dem Ende der Ära des billigen Geldes - und Projektentwickler im Besonderen. Signas Edel-Immobilien und besonders prestigeträchtige Bauprojekte wie der Elbtower gehören der Signa Prime Selection, der größten seiner Gesellschaften. Das einzige relevante öffentlich gehandelte Papier ist die Anleihe seines Bauträgers Signa Development Selection. Der Bond hat binnen kurzem zwei Drittel seines Werts verloren, nachdem Signa Development einen Liquiditätsengpass eingeräumt hat.