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Jamie Oliver speckt ab

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 7.1.2017 Der britische Fernsehkoch Jamie Oliver wird unter Verweis auf den EU-Austritt des Landes sechs seiner 42 "Jamie's Italian"-Restaurants in Großbritannien schließen. Die 120 Mitarbeiter sollen...

Jamie Oliver speckt ab

Von Andreas Hippin, LondonDer britische Fernsehkoch Jamie Oliver wird unter Verweis auf den EU-Austritt des Landes sechs seiner 42 “Jamie’s Italian”-Restaurants in Großbritannien schließen. Die 120 Mitarbeiter sollen soweit möglich anderenorts eingesetzt werden. Der Preis der aus Italien eingeführten Zutaten sei wegen der Abwertung des Pfunds gestiegen, hieß es zur Begründung. “Wie jeder Restaurantbesitzer weiß, befinden wir uns in einem harten Markt”, sagte CEO Simon Blagden. “Der Druck und die Ungewissheit nach dem Brexit haben ihn sogar noch härter gemacht.” Jedes Restaurant der Kette müsse wöchentlich 3 000 Gäste anziehen, um rentabel zu arbeiten. Abstriche bei der Qualität und Herkunft der Zutaten kämen nicht in Frage. Die Pläne, weitere 22 Niederlassungen im Ausland zu eröffnen, sollen weiter vorangetrieben werden. Die Marke Barbecoa soll durch zwei Neueröffnungen gestärkt werden. Bislang gibt es nur eine Filiale des Steakhauses nahe der St. Paul’s Cathedral in London.Jamie’s Italian ging 2008 in Oxford an den Start. Die anderen Gastronomiekonzepte des Starkochs kommen auch nicht annähernd auf diese Größe. Beim Online-Bewertungsportal Tripadvisor erreichen die Filialen in der Gunst der Gäste nicht gerade Spitzenwerte – ausgerechnet eine abzuwickelnde Niederlassung kam auf vier von fünf Sternen. Wer sich die Kritiken durchliest, bekommt den Eindruck, dass der Kette nicht nur die allgemeine wirtschaftliche Lage nach dem Votum für den EU-Austritt zu schaffen macht. Zumal sich Restaurants und Gaststätten, die mit ihrem Angebot den Nerv der Zeit treffen, in Großbritannien nicht über mangelnde Nachfrage beklagen können. Oliver hatte nie Probleme damit, sich von Konzepten zu verabschieden, die nicht die gewünschte Performance brachten. Vor drei Jahren machte er drei von vier “Union Jack”-Filialen dicht, mit denen er dem traditionellen britischen Kneipenfraß neue Impulse geben wollte. 2015 schloss der letzte seiner “Recipease”-Feinkostläden die Pforten.Olivers Privatvermögen wird in der Reichenliste der “Sunday Times” auf 180 Mill. Pfund beziffert. Er wird nicht müde, sich darüber zu ereifern, wie einfach es doch sei, gesundes Essen auf den Tisch zu bringen, und gehörte zu den Vorkämpfern für eine Zuckersteuer. Seine Kochbücher gehen weg wie warme Semmeln, seine Sendungen erreichen Einschaltquoten, von denen andere nur träumen können. Er wirkt allerdings mitunter polarisierend, weil seine Argumentation nahelegt, dass Großbritanniens übergewichtige Unterschicht an ihrer Fehlernährung selbst schuld ist.