Jonathan Hill wird konstruktiv
Von Andreas Hippin, LondonJonathan Hill (56) hat sich nicht in die Schmollecke zurückgezogen. Der ehemalige EU-Kommissar für Finanzstabilität, Finanzdienste und Kapitalmarkt hatte sein Amt zwar aus Frust über das Votum der Briten für den Brexit hingeschmissen. Anders als Ivan Rogers, der Vorgänger Tim Barrows als ständiger Vertreter Großbritanniens in Brüssel, erging sich der Cambridge-Absolvent aber nicht in düsteren Prophezeiungen zu den Folgen der Entscheidung für den Austritt. Stattdessen heuerte The Lord Hill of Oareford kurz darauf als Senior Adviser bei der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer an und ließ sich von Rupert Murdochs Verlagshaus, das “The Times” und “The Sunday Times” herausgibt, zu einem der Independent National Directors küren – mit freundlicher Genehmigung Brüssels, obwohl der Kodex der EU-Kommissare eigentlich eine 18 Monate lange Karenzzeit vorsieht (vgl. BZ vom 30. März). Prosperity 2017Gestern fand in der County Hall zu Westminster die “Prosperity UK 2017 Conference” statt – eine Initiative, für die sich Hill mit dem Vote-Leave-Unterstützer Paul Marshall zusammengetan hat, um Euroskeptiker und Proeuropäer zusammenzubringen. Marshall ist Chairman des Londoner Hedgefonds Marshall Wace, der 100 000 Pfund für die Kampagne der Brexit-Befürworter gespendet hatte. Im Beirat der zur Organisation der Konferenz gegründeten Gesellschaft finden sich zahlreiche City-Größen, darunter Barclays-Chef Jes Staley, Burberry-Chairman John Peace und Next-Chef Simon Wolfson, der auch als Chairman der proeuropäischen Denkfabrik Open Europe fungiert. Als Redner traten unter anderem HSBC-Chairman Douglas Flint, Jeff Sprecher, Chairman und CEO der Intercontinental Exchange, und Carolyn Fairbairn, die Chefin des Unternehmensverbandes CBI, auf. Hill galt schon immer als diskreter Problemlöser, der sein diplomatisches Geschick in erster Linie hinter den Kulissen einsetzt. Der gebürtige Londoner ist ein erfahrener Lobbyist, der als Berater des damaligen Premierministers John Major arbeitete, als der Vertrag von Maastricht ausgehandelt wurde. Davor war der Spindoktor für den proeuropäischen konservativen Politiker Kenneth Clarke tätig. Hill kam von der Agentur Lowe Bell. Nach seinem Zwischenspiel in 10 Downing Street kehrte er in die PR-Branche zurück, zu Bell Pottinger. 1998 gründete er Quiller Consultants, die 2006 von der internationalen Agentur Huntsworth übernommen wurde, zu der auch die PR-Marken Citigate und Grayling gehören.