Wolfgang Porsche: Jongleur der Macht
Wolfgang Porsche: Jongleur der Macht
Jongleur der Macht
des Porsche-Clans
Von Stefan Kroneck, München
Wolfgang Porsche hüllt sich in Schweigen. Zur Krise des Sportwagenbauers äußert sich der 82-jährige Familienpatriarch in der Öffentlichkeit nicht. Es dürfte ihm derzeit allerdings schwerfallen, mit Vergnügen die Resultate der Industrieikone aus Stuttgart-Zuffenhausen zu verfolgen. Im dritten Quartal verhagelte der Verlust von nahezu 1 Mrd. Euro der Porsche AG das Ergebnis von Volkswagen (hält 75% der stimmberechtigten Stammaktien). Die familiendominierte Beteiligungsholding Porsche SE, die 25% der Stimmrechte an Porsche kontrolliert und 53,3% an VW, musste erneut Abschreibungen auf ihre zweitgrößte Kernbeteiligung vornehmen.
Die zurückliegende Serie von Gewinnwarnungen der schwäbischen Edelmarke sorgte auch beim Wolfsburger Mutterkonzern und bei der Porsche SE zu wiederholten Korrekturen der Ergebniserwartungen nach unten. Der Porsche-Aktie notiert derzeit um fast die Hälfte unter ihrem Ausgabepreis von Ende September 2022. Das Milliarden-Vermögen des Clans schmilzt auf dem Papier.
Ämterhäufung
Als personifiziertes Bindeglied zwischen den drei Unternehmen ist Wolfgang Porsche ein Manager der leisen Töne. Seine vielen Aufgaben für den Konzernverbund übt er mit Bedacht aus. In Personalunion führt er die Aufsichtsräte der beiden gleichnamigen Unternehmen. Bei Volkswagen und deren Tochtergesellschaft Audi sitzt er als jeweils einfaches Mitglied der Kapitalseite in den Kontrollgremien. Zugleich ist er Vorsitzender der Familie Porsche AG Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Salzburg.
Diese Ämterhäufung ist nicht Ausdruck einer Machtbesessenheit, sondern spiegelt vielmehr ein Pflichtgefühl und eine Loyalität wider, das Erbe des Firmenimperiums zusammenzuhalten. Wolfgang Porsche ist der Sohn von Ferdinand Anton Ernst Porsche. Er ist ein Enkel des Firmengründers Ferdinand Porsche. Seit dem Tod seines Vaters im Jahr 1998 ist er Oberhaupt des einen Familienzweigs. Den anderen Strang des deutsch-österreichischen Unternehmerclans führt sein Cousin Hans Michel Piëch (83). Beide Patriarchen sind darauf eingespielt, sich bei wichtigen Entscheidungen eng abzustimmen. Das Duo will dadurch einen Familienzwist vermeiden.
Dieselskandal als Zerreißprobe
In Erinnerung bleibt der Konflikt mit Ferdinand Piëch, der 2019 im Alter von 82 Jahren verstarb. Im Übernahmekampf zwischen Porsche und VW zog Wolfgang Porsche 2009 den Kürzeren. Die Aufarbeitung des 2015 aufgeflogenen Dieselabgasbetrugs war für die Granden der Familie eine Zerreißprobe. Vor diesem Hintergrund ist Wolfgang Porsche auf Harmonie ausgerichtet. An erster Stelle stehen für den Jongleur der Macht die Familie und die Unternehmensgruppe. Damit steht er in einer Tradition, die sein Großvater und sein Vater vorlebten.
Die Kehrseite dieser Prägung ist, dass das Motto „Family First“ im Gegensatz steht zu moderner Corporate Governance. Beispiel Porsche: Bei der AG und bei der SE haben Miteigentümer aus dem Streubesitz faktisch nichts zu sagen, da die Stimmrechte sich auf den Clan konzentrieren. Beispiel Management: Die eigenartige Führungskonstruktion einer Doppelspitze in Personalunion von Oliver Blume bei Porsche und VW wurde von der Familie erst dann abgeschafft, als die Krise der Porsche AG einen immer größeren Schaden anrichtete innerhalb des Konzernverbunds. Wolfgang Porsche erwies sich bei dem strittigen Thema Doppel-CEO lange Zeit als beratungsresistent. Er handelte erst, als Blumes Misserfolg unübersehbar war und die Kritik von außen immer größer wurde. Nun löst Michael Leiters den langjährigen Porsche-CEO zum Jahreswechsel ab.
Auf Wechsel vorbereitet
Ein Wechsel an der Spitze des Familienclans lässt sich derweil nicht absehen, obgleich Wolfgang Porsche in einem Alter ist, bei dem andere einer jüngeren Generation Platz gemacht hätten. Zu seinem Nachfolger hatte er vor Jahren seinen Neffen Ferdinand Oliver Porsche auserkoren. Der 64-jährige Jurist sitzt wie sein Onkel in den wichtigsten Kontrollgremien des Unternehmensverbunds. Damit ist die Familie auf den Tag X vorbereitet.
