Berlusconi erhöht bei ProSieben den Einsatz
Berlusconi erhöht bei ProSieben den Einsatz
Von Gerhard Bläske, Mailand
Seit Jahren will Pier Silvio Berlusconi den deutschen Fernsehsender ProSiebenSat1 zum Teil einer europäischen Fernsehfamilie machen, die Front macht gegen Netflix, Amazon und Disney. Der Chef des italienischen TV-Konzerns MFE (Media for Europe) hat die Anteile an dem deutschen Medienkonzern auf mehr als 30% ausgebaut. Nun hat er sein Übernahmeangebot erhöht. Bereits im Frühjahr hatte er „ein Jahr des Tempowechsels des Managements“ angekündigt. „So läuft es eindeutig nicht gut.“
Der Sohn des langjährigen italienischen Premierministers Silvio Berlusconi sieht Synergien etwa im Einkauf, durch eine gemeinsame Werbeplattform oder auf dem Gebiet der Technologie. Doch er stößt nicht nur beim Management, sondern auch beim tschechischen Großaktionär PPF, der ebenfalls ein Übernahmeangebot für ProSieben.Sat1 vorgelegt hat, auf Widerstand.
Weimer warnt
Berlusconi will den deutschen Fernsehsender nicht komplett übernehmen, sondern spricht von einer „Flexibilität, um auf der Grundlage einer gemeinsamen Vision eine klare Richtung vorzugeben.“ Die Bundesregierung ist alarmiert. Kulturstaatssekretär Wofram Weimer will Berlusconi nach dem Ende der Sommerpause im Kanzleramt treffen. Er warnt: Ein „Eigentümerwechsel darf nicht zur Einschränkung der journalistischen Unabhängigkeit führen.“ Und Weimer verlangt Standortgarantien für den Sender aus dem Münchner Vorort Unterföhring.
Berlusconi hält sich bisher aus der Politik heraus. Er steht zwar der Mitte-Rechts-Partei Forza Italia seines vor zwei Jahren verstorbenen Vaters nahe. Doch bisher hat er sich nicht in die Politik eingemischt. Umso mehr ließ er kürzlich aufhorchen, als er einen Eintritt in die Politik nicht grundsätzlich ausschloss und Premierministerin Giorgia Meloni fast schon überschwänglich lobte. Das Thema sei aber nicht aktuell. Silvio stieg mit 58 ein. Pier Silvio ist 56.
Zurückgezogenes Leben
Insofern sind Bedenken Berlins nicht ganz von der Hand zu weisen. Doch anders als sein Vater, der sogar noch nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs Beziehungen zu Russlands Präsident Vladimir Putin unterhielt, den er einst als einen seiner besten Freunde bezeichnete, ist Vergleichbares von Pier Silvio Berlusconi nicht bekannt. Er führt ein eher zurückgezogenes Leben und lebt mit seiner Frau, der hauseigenen TV-Moderatorin Silvia Toffanin, und seinen zwei Kindern seit vielen Jahre im ligurischen Jetset-Hafen Portofino. Für Schlagzeilen sorgte er lediglich vor drei Jahren, als er die Traum-Luxusvilla San Sebastiano erwarb, ein ehemaliges Kloster aus dem 16. Jahrhundert hoch über dem Ort mitsamt Weinbergen und Olivenhainen. Der Kaufpreis soll bei 20 Mill. Euro gelegen haben.
Vivendi herausgedrängt
Zusammen mit seiner Schwester Marina, die die Verlagsgruppe Mondadori führt, kontrolliert Pier Silvio 61% der Holding Fininvest, in der die Familie ihre Interessen gebündelt hat: 30% an der Bank Mediolanum, 53,3% an Mondadori, etwa 50% an MFE sowie eine Immobiliengesellschaft und diverse Anwesen in und außerhalb Italiens. Bei MFE, dem größten TV-Konzern in Italien und Spanien, hält er das Zepter in der Hand: Vor Jahren hat er den französischen Großaktionär Vivendi weitgehend herausgedrängt. Und außer in Deutschland hat er auch ein Auge auf Fernsehsender etwa in Großbritannien, Frankreich, Portugal und anderen Ländern geworfen.