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Kanzlei klagt an der K-Street und am Ku'damm

Von Stefan Paravicini, New York Börsen-Zeitung, 10.1.2017 Sofern Michael D. Hausfeld, Gründer und Chairman von Hausfeld LLP, den Anwälten seiner Kanzlei für das neue Jahr die Vorgabe gemacht hat, öfter für mediales Aufsehen zu sorgen, hätte...

Kanzlei klagt an der K-Street und am Ku'damm

Von Stefan Paravicini, New YorkSofern Michael D. Hausfeld, Gründer und Chairman von Hausfeld LLP, den Anwälten seiner Kanzlei für das neue Jahr die Vorgabe gemacht hat, öfter für mediales Aufsehen zu sorgen, hätte Christopher Rother mit der von ihm geleiteten Berliner Praxis wohl keinen besseren Start erwischen können.Vor einer Woche haben die Anwälte von Hausfeld im Zusammenhang mit der Abgasaffäre eine Musterklage gegen den Wolfsburger Autobauer Volkswagen am Landgericht Braunschweig eingereicht. Die Kanzlei fordert für ihren Klienten die Erstattung des vollen Kaufpreises für ein von dem Skandal betroffenes VW-Fahrzeug ohne Abzug von Benutzungsgebühren für die Rückgabe des Autos. Holt das Gericht wie von Rother erhofft vorab eine Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs ein, könnte das für viele andere Fälle Bedeutung haben und VW weiter in Bedrängnis bringen. VW und deutsche BankenDoch mit Volkswagen allein ist das halbe Dutzend Anwälte in dem Anfang 2016 eröffneten Büro von Hausfeld am Kurfürstendamm offenbar nicht ausgelastet. Am Wochenende sorgte die Kanzlei mit der Ankündigung für Aufsehen, dass man im Auftrag von Unternehmen aus dem Handel und aus der Mineralölwirtschaft eine Klage gegen deutsche Banken vorbereite, die mit ihrem Gebührensystem für elektronische Zahlungen gegen Wettbewerbsrecht verstoßen haben sollen. Die Deutsche Kreditwirtschaft sieht für ein entsprechendes Verfahren keine Grundlage. Der 70-jährige Gründer und Chairman der Kanzlei dürfte mit der öffentlichkeitswirksamen Ankündigung Rothers in der “Bild am Sonntag” dennoch zufrieden sein.Die Expansion des Geschäftsmodells, der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen in groß angelegten Sammelklagen, nach Europa hatte Hausfeld schon bei seinem früheren Arbeitgeber Cohen, Milstein, Hausfeld & Toll verfolgt. Die Eröffnung eines Büros in London trug 2008 dann allerdings zum Bruch mit den Partnern bei. Hausfeld verließ die Kanzlei, in der er Anfang der siebziger Jahre mit Jerry S. Cohen seinen wichtigsten Mentor und einen väterlichen Freund gefunden hatte.Unter den Fittichen von Cohen erwarb sich Hausfeld schnell den Ruf als kreativer Kopf, der Fälle verfolgte, deren Erfolgschancen von den meisten Berufskollegen zunächst als gering eingestuft wurden, wenn sie denn überhaupt einen Fall erkennen konnten. International machte Hausfeld sich spätestens in den neunziger Jahren einen Namen, als er Opfer des Holocaust in einer Klage gegen Schweizer Banken vertrat und einen Vergleich über 1,25 Mrd. Dollar erreichte. Er erstritt knapp 180 Mill. Dollar für afroamerikanische Mitarbeiter des Erdölunternehmens Texaco, die sich gegen Diskriminierung wehrten, und vertrat nach der Havarie des Öltankers Exxon Valdez in einer Sammelklage die Interessen von Bewohnern Alaskas. Hausfeld stieg in der Kanzlei zum Partner auf und hielt beträchtliche Anteile an Cohen, Milstein, Hausfeld & Toll, bevor er im Streit über die Internationalisierung entmachtet wurde und nach 37 Jahren gehen musste.Nur drei Monate später montierte der Sohn von polnischen Einwanderern, die vor den Nationalsozialisten in die USA geflüchtet waren, die Schilder für seine eigene Kanzlei an der K-Street in Washington und startete mit einer ganzen Reihe von Anwälten, die ihm von seinem alten Arbeitgeber gefolgt waren, mit Büros in New York, Philadelphia, San Francisco – und London. In der Zwischenzeit sind mit Berlin und Brüssel zwei Dependancen auf dem Alten Kontinent hinzugekommen, und Hausfeld LLP ist außerdem in Boston und Philadelphia vertreten.Zu den Klagen, mit denen die Kanzlei in den vergangenen Jahren Aufmerksamkeit auf sich zog, gehörte unter anderem eine Auseinandersetzung mit der National Collegiate Athletic Association (NCAA), welche die Sportprogramme von Universitäten und Colleges in den USA organisiert und mit dem Spielbetrieb Milliarden verdient, während die Athleten und Studenten im Namen des Amateursports nichts verdienen dürfen. Auch die National Football League (NFL) ist im Visier der Spezialisten für die Durchsetzung von Kartellschadenersatzansprüchen. Playboy und Deutsche BahnDer im New Yorker Stadtteil Brooklyn aufgewachsene Hausfeld gehört zu den bekanntesten US-Anwälten und wurde vor zwei Jahren auf acht Seiten im Hochglanzmagazin “Playboy” porträtiert. In Berlin setzt er mit Praxischef Christopher Rother auf einen nicht ganz so bekannten, aber ähnlich erfahrenen Juristen. Rother leitete mehr als zwanzig Jahre die Kartellrechtsabteilung der Deutschen Bahn und baute hier eine auf die Durchsetzung und Geltendmachung von Kartellschadenersatzsprüchen spezialisierte Abteilung auf. Er gilt als Pionier der privaten Durchsetzung des Kartellrechts in Deutschland und Europa.Zusammen mit dem Start der deutschen Praxis gab Hausfeld auch eine Vereinbarung mit dem Prozessfinanzierer Burford Capital bekannt, der mit 30 Mill. Euro das bis dahin größte Prozessfinanzierungsvolumen am deutschen Markt bereitstellte, “um dem zunehmenden Bedarf deutscher Mandanten nach Prozessfinanzierungsangeboten bei Kartellschadenersatzprozessen Rechnung zu tragen”, wie es damals hieß.