Faury gibt Doppelrolle auf

Airbus baut Konzernspitze um

Guillaume Faury hat bei Airbus seit 2019 die Doppelrolle als Chef des Gesamtkonzerns und als Leiter der Flugzeugsparte inne. Das soll sich jetzt ändern. Denn die mit Abstand wichtigste Sparte soll mit Christian Scherer wieder einen eigenen Chef bekommen.

Airbus baut Konzernspitze um

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Von Gesche Wüpper, Paris

Luft- und Raumfahrtkonzern

Airbus steht vor großem Umbau an der Konzernspitze

Faury gibt Doppelrolle auf - Verkaufschef Scherer wird Chef der Flugzeugbausparte

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Von Gesche Wüpper, Paris

Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus hat den größten Umbau seiner Führungsebene seit mehreren Jahren beschlossen. Konzernchef Guillaume Faury gibt seine Doppelrolle auf und ernennt mit Airbus-Verkaufschef Christian Scherer wieder einen eigenen Chef für die mit Abstand wichtigste Flugzeugsparte. Spekulationen über einen Umbau hatte es seit längerem gegeben.

Scherer soll seine neue Aufgabe offiziell am 1. Januar übernehmen. Bis dahin soll er die neue Organisation der Flugzeugsparte vorbereiten. Wie er die Führungsaufgaben innerhalb der Sparte künftig verteile, sei nun seine Aufgabe, erklärt der Konzern auf Anfrage. Er kann also selber entscheiden, ob er zusätzlich zu seiner Funktion als Chef der Sparte weiterhin Verkaufschef bleiben will oder nicht.

Faury leitet sowohl den Gesamtkonzern als auch die Flugzeugsparte seit April 2019. Der 55-Jährige frühere Chef von Airbus Helicopters hatte 2018 das Ruder der mit Abstand wichtigsten Sparte von Fabrice Brégier übernommen, bevor er dann ein Jahr später Tom Enders an der Spitze des Boeing-Rivalen ablöste.

Ursprünglich war Brégier als möglicher Nachfolger von Enders gehandelt worden. Doch nach den von Frankreich und Großbritannien eingeleiteten Korruptionsermittlungen wollte Airbus seine Bereitschaft zeigen, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen und entschied sich für Faury.

Mehr Zeit für Konzernstrategie

"Christian in der Rolle als CEO von Commercial Aircraft zu stärken wird uns ermöglichen, den Fokus auf den Erfolg der Sparte auszubauen", erklärte Faury. Gleichzeitig erlaube ihm die Entscheidung, seine Zeit dafür zu widmen, Airbus in einem komplexen und sich schnell verändernden Umfeld zu steuern. "Christian und ich haben in den letzten fünf Jahren Hand in Hand gearbeitet und werden das auch weiterhin in der neuen Konfiguration tun."

Der Umbau soll Faury nicht nur die notwendige Freiheit geben, sich stärker auf die Konzernstrategie konzentrieren zu können. Er soll ihm auch die Möglichkeit geben, sich stärker um die Rüstungs- und Raumfahrtaktivitäten zu kümmern. Sie sind seit dem Krieg in der Ukraine stärker in den Fokus gerückt, stehen aber genau wie die Flugzeugsparte vor großen Herausforderungen.

Die Doppelrolle an der Spitze des Konzerns und der Flugzeugsparte habe Airbus ermöglicht, während der von Krisen geprägten letzten Jahren Entscheidungen schnell und aufeinander abgestimmt treffen zu können, sagt Faury.

Angesichts der großen Herausforderungen der Branche hatten Branchenkenner jedoch bereits seit einiger Zeit argumentiert, die Flugzeugsparte benötige wieder einen eigenen Chef, der sich voll und ganz auf sie konzentrieren könne. Denn der Flugzeugbauer muss nicht nur die Dekarbonisierung der Luftfahrt vorbereiten.

Flugzeugsparte vor großen Herausforderungen

Er muss auch die Produktion wie geplant steigern. Zusätzlich dazu kommt es zu Engpässen der angespannten Lieferkette, Problemen mit Triebwerken von Pratt & Whitney und gefälschten Ersatzteile, von denen Triebwerke von CFM betroffen sind.

Faury kann jedoch nur etwa die Hälfte seiner Zeit dem Flugzeugbauer widmen. Der künftige Spartenchef Scherer konnte gerade einen neuen Erfolg für Airbus einfliegen. Denn Air France-KLM gab Montag bekannt, 50 A350-Langstreckenjets mit einer Option für 40 weitere Exemplare bestellen zu wollen.

"Es ist eine Ehre und aufregend, in einer so kritischen Phase für die Industrie berufen zu werden, Airbus Commercial Aircraft zu leiten", erklärte Scherer. Der 1962 in Duisburg geborene Verkaufschef von Airbus ist als Sohn eines Flugtest-Ingenieurs in Toulouse aufgewachsen.

Deutsch-französische Balance

Der Segel-Fan hat an der Paris Business School studiert und einen MBA an der Universität von Ottawa gemacht, bevor er seine Karriere 1984 bei dem Flugzeugbauer begann. Ende der 80er Jahre ging er für Airbus in die USA.

Später arbeitete er als Strategiechef für den Flugzeugbauer und als Verkaufs- und Marketingchef der Rüstungs- und Raumfahrtssparte des Konzerns. 2016 bis 2018 war er Chef des Turboprop-Flugzeugbauers ATR, einem Gemeinschaftsunternehmen von Airbus und Leonardo.

Bruno Even, Chef der Hubschraubersparte und langjähriger Vertrauter von Konzernchef Faury, war ebenfalls als potentieller Chef der Flugzeugsparte gehandelt worden. Seine Ernennung hätte jedoch die deutsch-französische Balance in der Führungsebene von Airbus aus dem Gleichgewicht gebracht, meinen Beobachter.

Denn der Luft- und Raumfahrtkonzern ist noch immer kein ganz normales Unternehmen. Zwar mischen sich die Staaten nicht mehr so wie früher ein. Doch Frankreich und Deutschland halten noch immer je knapp 11%.

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