Rückzug aus dem Unternehmen

Lonza-Präsident geht mit Paukenschlag

Der langjährige Lonza-Präsident Albert Baehny geht im Mai in Rente. Sein Nachfolger wird der aktuelle Heineken-Chairman Jean-Marc Huët. Was nach einer gewöhnlichen Personalie aussieht, ist in Tat und Wahrheit ein schmerzhafter Abschied Baehnys nach einem besonders schwierigen Jahr. Für die Aktionäre gibt es derweil etwas zu feiern.

Lonza-Präsident geht mit Paukenschlag

Lonza-Präsident geht mit Paukenschlag

Von Daniel Zulauf, Zürich

Wenn ein bald 72-jähriger Manager in Rente geht, sorgt dies normalerweise nicht für Schlagzeilen. Der Lonza-Präsident und CEO ad interim Albert Baehny macht es anders. Am Freitag kündigte er, zeitgleich mit der Bekanntgabe der Jahresergebnisse, seinen vollständigen Rückzug aus dem Unternehmen an, das er in den vergangenen sechs Jahren als Präsident entscheidend geprägt hatte. Zum Zeitpunkt der ordentlichen Generalversammlung im Mai übergibt Baehny den Vorsitz im Aufsichtsgremium an den 54-jährigen Niederländer Jean-Marc Huët.

Mit dem Palmarès als aktueller Heineken-Chairman und früherer Unilever-Finanzchef scheint der in der Schweiz aufgewachsene und derzeit auch in der Schweiz wohnhafte Manager über die Statur zu verfügen, die einem Konzern mit einem Börsenwert von über 30 Mrd. sfr gut ansteht. Dass Huët bei der Auswahl des CEO ein Wörtchen mitreden will, liegt auf der Hand. Für den langwierigen Suchprozess seit Herbst 2023 gibt es also eine plausible Erklärung.

So gesehen kann Baehny Lonza mit erhobenem Haupt verlassen. Das war keine Selbstverständlichkeit für den Westschweizer, der mit dem Sanitärtechnikunternehmen Geberit immer noch einen zweiten Milliardenkonzern präsidiert. Im September hatte Baehny seinen damaligen CEO Pierre-Alain Ruffieux Knall auf Fall in die Wüste geschickt und damit den erschreckten Investoren überdeutlich zu verstehen gegeben, dass die Geschäfte bei Lonza weit weniger gut laufen, als diese das erwartet hatten. Der Aktienkurs stürzte von über 500 sfr auf etwas mehr als 300 sfr ab. Die Neuigkeiten vom Freitag sorgten für eine Kurserholung um fast 15% auf über 420 sfr. Mag sein, dass da Freude auf den anstehenden Führungswechsel mitschwang. Aber Baehny dürfte an der positiven Börsenreaktion auch anderweitig seinen Anteil haben. Lonza ist auf Ebene des Umsatzes um 7,9% auf
6,7 Mrd. sfr vorangekommen und hat nach dem Verlust des Produktionsauftrages des Covid-Impfstoffherstellers Moderna positiv überrascht. Allerdings lässt sich die Schmach eines um 46% eingebrochenen Gewinns auf 655 Mill. sfr auch unter Zuhilfenahme einer Bereinigung von restrukturierungsbedingten Sonderkosten in Höhe von über 230 Mill. sfr nicht wirklich aus der Welt schaffen. Trotzdem versprechen Baehny und sein Verwaltungsrat den Aktionären auch heuer wieder eine großzügige Erhöhung der Dividende von 3,5 sfr auf 4 sfr pro Aktie, was die Lonza-Kasse um insgesamt rund 250 Mill. sfr erleichtern wird. Da-
rüber hinaus will Lonza ihre Aktionäre mit einem weiteren Aktienrückkaufprogramm in Höhe von bis zu 2 Mrd. sfr erfreuen – eine Summe, die sich mit den
236 Mill. sfr vergleicht, die sich Lonza 2023 als freie Geldmittel selbst erarbeiten konnte. Gewiss, setzt man die 2023 erreichte Nettoverschuldung von 922 Mill. sfr ins Verhältnis zur Ertragskraft des Unternehmens, mag die Situation für Lonza noch sehr komfortabel erscheinen. Dennoch erweckt Baehny den Eindruck, als möchte er sich und seinen Aktionären den Abgang nach einem schwierigen Jahr besonders versüßen – vielleicht auch auf Kosten seiner Nachfolger.