Tennor Group CEO

Lars Windhorst verzieht sich in die Schweiz

Hertha-Investor Lars Windhorst hat Ärger mit der Bankenaufsicht Bafin und der Staatsanwaltschaft. Letztere ermittelt gegen ihn wegen Verdacht auf illegale Bankgeschäfte.

Lars Windhorst verzieht sich in die Schweiz

Von Björn Godenrath, Frankfurt, und Daniel Zulauf, Zürich

Dass eine am Freitag veranlasste Banküberweisung erst am Montag beim Empfänger verbucht wird, das wissen nun auch alle Anhänger von Hertha BSC Berlin, die das Engagement des Investors Lars Windhorst über seine Tennor Group bei ihrem „Big City Club“ kritisch beäugen. Der gilt als notorisch säumiger Zahler, seit er die eine oder andere Pleite hingelegt hat, seine Vorliebe für Investments in illiquide Assets plus Finanzakrobatik im Hintergrund zur Rettung seiner Investments schürt Misstrauen – und hat auch die BaFin auf den Plan gerufen.

Stellungnahme über Twitter

Die Finanzaufsicht hatte schon im Mai Ermittlungen aufgenommen, da sie laut „Financial Times“ Anzeichen dafür sah, dass Windhorst über eines seiner Vehikel (Evergreen Funding) unerlaubtes Bankgeschäft getätigt hätte. Windhorst bestreitet das in einer über seinen taufrischen Twitter-Account verbreiteten Mitteilung und versichert, man habe schon Anfang Mai Kontakt mit der BaFin aufgenommen und Informationen geliefert. Von daher sei man enttäuscht, dass die BaFin bei der Staatsanwaltschaft Berlin Anzeige eingereicht habe. Ein Sprecher von Tennor erklärte der Börsen-Zeitung, dass man mit den Behörden zusammenarbeite, um sicherzustellen, dass die Untersuchung so schnell wie möglich beendet werden könne. Man erwarte, dass die Angelegenheit vollständig aufgeklärt werde.

Dabei hatte Windhorst versucht, über Evergreen Anleihen des in Schieflage geratenen Vehikels H2O aufzukaufen. Dafür sollten Mitte 2020 über einen Bond 1,25 Mrd. Euro bei Investoren eingeworben werden, die sich das Risiko mit üppigen 12,5% verzinsen lassen. Allerdings hatte die französische Aufsicht AMF dann Ende August 2020 die Assets von H2O-Fonds temporär eingefroren, da diese ein „erhebliches Exposure“ in illiquiden Schuldtiteln hätten. Die zu Natixis gehörende H2O hatte illiquide Assets erworben, die in Verbindung stehen sollen zu Vehikeln von Windhorst – diese verschachtelten Strukturen sind ein Kennzeichen von Finanzjongleuren. Natixis will ihre H2O-Mehrheitsanteile loswerden, der eigentlich für Ende Juni geplante Exit musste aber verschoben werden.

Da per Ende 2020 aber nur gut 500 Mill. Euro an Assets im Luxemburger Vehikel Evergreen ausgewiesen und gut 270 Mill. Euro an Windhorst überwiesen wurden, habe die BaFin der „Financial Times“ zufolge vermutet, dass Evergreen unerlaubtes Bankgeschäft betrieben habe, und sperrte dann deutsche Konten des Vehikels. Nach allem, was man aus den öffentlich verfügbaren Informationen ableiten kann, könnte die BaFin diese Überweisung als Kredit eingestuft haben – und zwischen der Behörde und Windhorst gehen die Ansichten darüber auseinander, ob die Evergreen-Überweisung als un­erlaubter Kredit zu werten ist. Von Tennor heißt es dazu, der ursprünglich an die Holding gegangene Kredit (der erst später zu Windhorst transferiert wurde) sei zum Rückkauf von Bonds eingesetzt worden und aus dieser Vereinbarung stehe nichts mehr offen gegenüber Evergreen. Tennor fokussiere nun darauf, weitere profitable Assetverkäufe durchzuführen, um in den kommenden Monaten erhebliche Teile einer kürzlich emittierten „Senior Secured Note“ zurückzuzahlen.

Zweifel der BaFin

Neben der Baustelle der Portfolio-Aufräumarbeiten bei Tennor hat Windhorst nun eine weitere Nuss zu knacken, da er die Zweifel der BaFin nicht zerstreuen konnte. Innerhalb der Tennor Holding war Windhorst jedenfalls so flüssig, dass er Hertha BSC die fällige Rate von 35 Mill. Euro überweisen konnte, was das gesamte Engagement in den Club auf 345 Mill. Euro stellt. Sollte Hertha BSC ein Champions-League-Teilnehmer werden, dann gewännen seine Anteile an Wert. Für Investoren mit angeschlagener Reputation sind solche Sport-Investments aber häufig ein Mittel, um sich selbst salonfähig zu machen – man denke nur an all die russischen Oligarchen, die von London aus als Clubeigner agieren.

Von London nach Zug

In London war auch Windhorst lange zu Hause, vor Jahresfrist ist der Privatmann Windhorst dann aber in der Schweiz aufgeschlagen – „still und leise“, wie das Schweizer Monatsmagazin „Bilanz“ Ende April in einem großen Interview mit dem Financier konstatierte. Windhorst wohnt im steuergünstigen Kanton Zug, eine 30-minütige Bahnfahrt vom Zürcher Finanzzentrum entfernt. Die Entscheidung zum Wegzug aus der britischen Metropole sei vor dem Hintergrund der Unsicherheiten rund um den Brexit bereits 2016 gefallen, sagte er dem Magazin.

Die Journalisten verpassten es allerdings nachzufragen, ob das bisweilen unzimperliche Vorgehen der britischen Justiz den Umzugsentscheid erleichtert oder beschleunigt haben könnte. 2017 hatte ein Londoner Gericht im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit Windhorsts Privatjet und weitere Besitztümer beschlagnahmen lassen.

Stattdessen tischte Windhorst eine gänzlich unverdächtige Version für den Domizilwechsel auf: „Einige Freunde und Bekannte aus London waren nach Zug gezogen. Die haben mir immer von der internationalen, wirtschaftsfreundlichen Kultur vorgeschwärmt, dass der Kanton Unternehmer willkommen heißt und man einen unkomplizierten, direkten Zugang pflegt. Dann haben wir unsere Freunde besucht, auch getestet, wie schnell man nach Zürich in die Stadt und zum Flughafen kommt. Und diese Erfahrung war sehr gut.“

Windhorst umgarnt die Schweiz seit kurzem ziemlich offensiv. Erst vor zwei Wochen kam er auf zwei Seiten in der „Neuen Zürcher Zeitung“ zu Wort – im Feuilleton und nicht im Wirtschaftsteil, nota bene. Dort ließ sich der Selfmademann über allerlei philosophische Fragen aus, über den Preis der Freiheit, die Bedeutung der Arbeit bei der Suche nach dem Glück und über aktuelle Befindlichkeiten breiter Bevölkerungsschichten: „Die Stimmung schlägt um, Antikapitalismus ist in wohlhabenden Gesellschaften wieder en vogue wie schon lange nicht mehr. Insofern haben Sie vollkommen recht – die Unternehmer sollten öfter hinstehen und erklären, was sie tun, was sie denken.“

Schwer durchschaubar

Bloß: Auch auf dem Schweizer Finanzplatz gibt es einige gewichtige Akteure, die gern etwas mehr über die Aktivitäten von Lars Windhorst erfahren würden. Im Schweizer Handelsregister ist seit 2014 eine Service-Gesellschaft seiner Tennor Holding, die Firma Tennor Services, eingetragen. Über deren Aktivitäten weiß man in der Schweiz nichts. Rechtlich befindet sich Windhorsts Geschäftszentrum in Amsterdam, wo die Holding ihren Sitz hat. Doch die schwer durchschaubaren Geldgeschäfte des Mannes laufen über viele Finanzplätze – auch über Zürich und die Schweiz. Bei einigen bekannten Größen aus der Schweizer Bankerszene ist Windhorst Persona non grata, wie Recherchen der Börsen-Zeitung zeigen. „Höchst eigenartig“, kommentiert einer das wohlwollende Interview in der NZZ. Windhorst war bei einigen Schweizer Banken ein nicht unbedeutender Kunde. Über seine Engagements wird viel geredet – nicht immer positiv. Das zeigt, dass Windhorst auch in der Schweiz dringend mehr Freunde braucht.