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Lufthansa findet einen neuen Finanzchef

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt Börsen-Zeitung, 12.11.2020 Die Lufthansa hat einen neuen Finanzvorstand gefunden. Er kommt, entgegen den sonstigen Gepflogenheiten bei der Fluggesellschaft, nicht aus dem Konzern selbst. Remco Steenbergen (52),...

Lufthansa findet einen neuen Finanzchef

Von Lisa Schmelzer, Frankfurt Die Lufthansa hat einen neuen Finanzvorstand gefunden. Er kommt, entgegen den sonstigen Gepflogenheiten bei der Fluggesellschaft, nicht aus dem Konzern selbst. Remco Steenbergen (52), derzeit Finanzchef des Schweizer Schokoladenkonzerns Barry Callebaut, wechselt zum 1. Januar 2021 nach Frankfurt, wie Lufthansa am Mittwoch mitteilte. Die mit dem Finanzressort verbundenen Aufgaben hatte die Lufthansa-Führung nach dem krankheitsbedingten Ausscheiden von Ulrik Svensson im April auf mehrere Vorstände verteilt. Nachdem auch der zwischenzeitlich federführende Thorsten Dirks Lufthansa verlassen hatte, hat derzeit Konzernchef Carsten Spohr die CFO-Aufgaben in seinem Portfolio. Spohr hatte bei der Vorlage der Quartalszahlen in der vergangenen Woche angekündigt, dass demnächst ein neuer CFO vorgestellt werde und “ich dann ab dem nächsten Call zu Resultaten das nicht mehr allein machen muss”. KapitalmarkterfahrungSteenbergen ist ein Neuling in der Luftverkehrsbranche. Seit drei Jahren ist er Finanzchef von Barry Callebaut, davor arbeitete der Niederländer für Philips und KPMG. Lufthansa-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley sei es bei der Suche nach einem CFO vor allem darum gegangen, eine kapitalmarkterfahrene Persönlichkeit zu finden, heißt es bei der Fluggesellschaft. “Gerade jetzt, in dieser schwierigen Pandemie mit ihren gravierenden Folgen für den Luftverkehr, ist ein international erfahrener und anerkannter CFO für die Lufthansa Group wichtiger denn je. Das gilt sowohl für die Bewältigung der aktuellen Krise als auch für die folgenden Jahre, in denen wir die staatlichen Stabilisierungsmittel zurückführen müssen und wollen”, wird Kley zitiert.Lufthansa musste im Zuge der Coronakrise mit insgesamt 9 Mrd. Euro Finanzhilfen aus Deutschland, Österreich, Belgien und der Schweiz vor einer Pleite gerettet werden. Der deutsche Staat ist seither mit 20 % Anteil größter Aktionär. Vorrangige Aufgabe des neuen CFO ist es nun, die staatlichen Kredite möglichst schnell abzulösen bzw. umzufinanzieren, da die Zinsbelastung nach drei Jahren stark ansteigt. Die in dieser Woche begebene Wandelanleihe über 600 Mill. Euro ist dabei nur ein erster Schritt. “Steenbergen kann sich hier ein Denkmal bauen”, sagt ein Konzernkenner. Die Mammutaufgabe hat einige, die ebenfalls auf der Shortlist für den Posten standen, abgeschreckt, ist zu hören.Auf eine allzu üppige Bezahlung kann der Manager aus der Schweiz trotz der Herausforderung nicht hoffen. Denn wegen der staatlichen Unterstützung dürfen an die Führungskräfte keine Boni gezahlt werden, bis mindestens 75 % der Rekapitalisierung zurückgezahlt sind. Boni machen aber bis zu 40% der Managervergütung bei der Lufthansa aus. Analystenschätzungen gehen davon aus, dass ein Lufthansa-Vorstand deshalb derzeit um die 700 000 bis 800 000 Euro jährlich verdient. Keine Gefahr für den CEOFür gewöhnlich greift der Lufthansa-Konzern bei der Besetzung von Vorstandsposten auf Eigengewächse zurück. Intern sei aber niemand mit hinreichend Erfahrung am internationalen Kapitalmarkt zu finden gewesen, hieß es am Mittwoch aus Unternehmenskreisen. Zudem dürfte nach wie vor zutreffen, was die Vorgängerin von Svensson als Lufthansa-CFO, Simone Menne, in einem Interview der Börsen-Zeitung Anfang des Jahres gesagt hatte: Finanzvorstand der Lufthansa solle ein älterer, erfahrener Mann sein, “der vom CEO nicht als Gefahr wahrgenommen wird, dass er ihn ablösen will. Der aber erfahren genug ist, eine eigene Meinung zu haben, die auch gehört wird.” (vgl. BZ vom 5. März) Diese Beschreibung passte auf Svensson und dürfte auch für Remco Steenbergen gelten. Selbstbewusste Lufthansa-Manager wie etwa der von einigen Analysten als CFO favorisierte Lufthansa-Cargo-Chef Peter Gerber dürften dagegen angesichts dieser “Stellenbeschreibung” eher nicht im Rennen gewesen sein.