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Lufthanseat verdrängt Pichler aus Air-Berlin-Cockpit

ge - Der Wechsel an der Air-Berlin-Spitze ist mehr als eine Personalie. Dass Stefan Pichler bei der chronisch defizitären zweitgrößten Fluggesellschaft hierzulande eine "mission impossible" absolvierte, wurde spätestens im vergangenen Jahr...

Lufthanseat verdrängt Pichler aus Air-Berlin-Cockpit

ge – Der Wechsel an der Air-Berlin-Spitze ist mehr als eine Personalie. Dass Stefan Pichler bei der chronisch defizitären zweitgrößten Fluggesellschaft hierzulande eine “mission impossible” absolvierte, wurde spätestens im vergangenen Jahr offenkundig, als ihn Großaktionär Etihad mit seinem Sanierungsplan in aller Öffentlichkeit auflaufen ließ. Seitdem war klar, dass die Tage des erst im Februar 2015 an Bord gekommenen 59-Jährigen gezählt waren. Gleichwohl erarbeitete er einen zweiten Restrukturierungsplan, der den Interessen von Etihad deutlich näher kam. So wurde das Tourismusgeschäft ausgegliedert, mit Tuifly vereint und unter Etihad-Führung verselbständigt. Und am vergangenen Freitag wurde ein Wet-Lease-Abkommen mit der Deutschen Lufthansa vereinbart, die 38 Flugzeuge samt Besatzung von Air Berlin mietet.Nur einen Tag später wurde mit Thomas Winkelmann ein Lufthanseat zum Nachfolger von Pichler ernannt. Der 57-Jährige übernimmt den Schleudersitz – er ist immerhin der fünfte CEO in sechs Jahren – im Februar 2017. Seine wichtigste Aufgabe dürfte sein, die mit über 1 Mrd. Euro verschuldete Airline so weit in der Luft zu halten, dass der mit seinem bisherigen Arbeitgeber vereinbarte Wet-Lease-Vertrag auch erfüllt werden kann, ohne dass Air Berlin zwischenzeitig finanziell abstürzt. Zudem soll Winkelmann mit den verbliebenen 75 Flugzeugen ein Langstrecken-Netzwerk ab Berlin und Düsseldorf knüpfen, “um eine nachhaltige und gewinnbringende Zukunft für Air Berlin sicherzustellen”, hofft der Aufsichtsrat.Nur warum sollte Winkelmann gelingen, woran Air-Berlin-Neugründer Joachim Hunold und seine Nachfolger Ex-Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, Wolfgang Prock-Schauer und schließlich Pichler gescheitert sind? Zwar verfügt der in Hagen Geborene über 18 Jahre Erfahrung in der Luftfahrt, nachdem er 1998 zur Lufthansa stieß. Dort war er nach Stationen in Südamerika ab 2006 neun Jahre CEO der Lufthansa Low-Cost-Tochter Germanwings – und damit Konkurrent von Air Berlin. Nach der Ankündigung, dass Germanwings in Eurowings aufgehen soll, wurde Winkelmann Chef des zweitwichtigsten Lufthansa-Drehkreuzes in München.Die Frage wird sein, wie lange Air Berlin selbständig bleibt oder ob und wann das Geschäft peu à peu oder auf einen Schlag auf die Lufthansa übertragen wird. Der Neue hat dabei große Freiheiten, besitzt Air Berlin doch kein einziges Flugzeug mehr selbst.Auch der frühere Marathonläufer Pichler hatte sein Berufsleben bei der Lufthansa begonnen. Von Ziehvater Jürgen Weber an die Spitze von C & N Touristik geschickt, baute er das Reiseunternehmen zum wichtigsten Konkurrenten der Tui aus – auch weil er die britische Thomas-Cook-Gruppe übernahm. Da anschließend jedoch die Zahlen nicht überzeugten, kam 2003 ein Rauswurf “mit sofortiger Wirkung”. Danach wechselte er zur australischen Virgin Blue. Den Aufstieg an die Spitze erreichte er 2009, als er CEO der Jazeera Airways in Kuwait wurde. Vor seiner Zeit bei Air Berlin war er Chef der acht Flugzeuge zählenden Fiji Airways.