PERSONEN

Machtkampf bei Engie

Von Gesche Wüpper, Paris Börsen-Zeitung, 5.2.2020 Wird sie sich an der Spitze halten können und wenn ja, wie lange? Die Frage, wie es für Engie-Chefin Isabelle Kocher weitergeht, bewegt in Frankreich derzeit zahlreiche Gemüter. Zwar endet Kochers...

Machtkampf bei Engie

Von Gesche Wüpper, ParisWird sie sich an der Spitze halten können und wenn ja, wie lange? Die Frage, wie es für Engie-Chefin Isabelle Kocher weitergeht, bewegt in Frankreich derzeit zahlreiche Gemüter. Zwar endet Kochers Mandat erst im Mai, doch in den vergangenen Wochen ist um ihre Person ein heftiger Machtkampf entbrannt.Immerhin ist Kocher die einzige Frau, die die operativen Geschäfte eines im CAC-40 gelisteten Konzerns führt. Erste Gerüchte, Kochers Tage als Chefin des Versorgers könnten gezählt sein, waren Ende vergangenen Jahres aufgetaucht. Der französische Staat, der mit 24 % an Engie beteiligt ist, wolle sich von der 53-Jährigen trennen, berichtete “Les Echos” Anfang Dezember. Andere Blätter spekulierten seinerzeit sogar, der Verwaltungsrat könne ihr Mandat vorzeitig beenden.Nun sind die Grabenkämpfe zwischen den Gegnern und Anhängern Kochers heftiger denn je ausgebrochen, da der Verwaltungsrat Ende Februar entscheiden soll, ob ihr Mandat verlängert wird oder nicht. Die Absolventin der Elitehochschule École Normale Supérieure, die die Leitung von Engie 2016 übernommen hatte, ist stolz darauf, den früher unter dem Namen GDF Suez bekannten Konzern auf die Energiewende vorbereitet zu haben. Dagegen soll ihr zumindest ein Teil des Verwaltungsrates, dem der frühere Solvay-Chef Jean-Pierre Clamadieu vorsteht, vorwerfen, nicht mehr die richtige Person zur Umsetzung der Strategie zu sein. Kochers Gegner kritisieren nicht ihre strategischen Entscheidungen, sondern ihren Führungsstil und die relativ schwache Kursentwicklung der Engie-Aktie.Eigentlich habe der Staat den Verwaltungsrat seine Arbeit machen lassen wollen, heißt es in Paris. Doch Kocher, die ihre Karriere einst bei dem inzwischen bei Safran eingegliederten Hersteller von Raketen- und Satellitenantrieben Société Européenne de Propulsion begann, gab jetzt ein Interview, mit dem sie die Regierung nach Ansicht von Beobachtern geradezu dazu drängt, aus der Deckung zu kommen. Denn Kocher erklärte gegenüber dem “Journal du Dimanche”, Engie sei unter ihrer Führung zum industriellen Arm der von Präsident Emmanuel Macron verfolgten Klimapolitik geworden. Sie sei extrem motiviert, ihren Auftrag bei Engie fortzusetzen.Sie arbeite gut mit dem Verwaltungsrat zusammen und sei erstaunt über die Kampagne, die in der Presse gegen sie betrieben werde, sagte die früher als Beraterin für Industriefragen für die Regierung von Ex-Premierminister Lionel Jospin tätige Managerin.Seit dem Interview haben sich Politiker unterschiedlicher politischer Couleur wie die sozialistische Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo und der konservative Ex-Arbeitsminister Xavier Bertrand zu Wort gemeldet, um Kocher zu unterstützen. Der grüne Europa-Abgeordnete Yannick Jadot forderte Präsident Macron auf, sich für die Engie-Chefin einzusetzen.