Geldpolitik

Martin Schlegel wird Schweizer Notenbankchef

Martin Schlegel wird neuer Chef der Schweizerischen Nationalbank und Nachfolger des langjĂ€hrigen DirektionsprĂ€sidenten Thomas Jordan. Dieser hatte im MĂ€rz ĂŒberraschend seinen RĂŒcktritt angekĂŒndigt. Die Nachfolgelösung entspricht aber den Erwartungen.

Martin Schlegel wird Schweizer Notenbankchef

Martin Schlegel wird Schweizer Notenbankchef

Von Daniel Zulauf, ZĂŒrich

Die Schweizerische Nationalbank hat einen neuen Chef. Der 47-jĂ€hrige Martin Schlegel ĂŒbernimmt Anfang Oktober die Leitung des dreiköpfigen SNB-Direktoriums von dessen langjĂ€hrigem PrĂ€sidenten Thomas Jordan. Schlegels Wahl war erwartet worden, nachdem ihn die Schweizer Regierung im August 2022 zu Jordans Stellvertreter gewĂ€hlt hatte.

Schlegel beendete 2003 sein Ökonomiestudium an der UniversitĂ€t ZĂŒrich und trat direkt danach in die Dienste der Schweizer Notenbank ein. 2009 promovierte er an der UniversitĂ€t Basel zum Thema „Implementation of Monetary Policy and the Money Market“, ein Gebiet, auf dem er an der gleichen Hochschule noch bis 2022 Vorlesungen hielt.

Der gebĂŒrtige ZĂŒrcher wirkt in seinen öffentlichen Auftritten auffallend jugendlich. Auch deshalb hatten ihm in den vergangenen Monaten einige Kommentatoren seine Eignung als Vorsteher der mit Abstand wichtigsten Institution fĂŒr die Schweizer Wirtschaft in Frage gestellt.

Unterschwellige und bisweilen sogar offene Kritik musste sich Schlegel auch fĂŒr seine Rolle als Jordans „Zögling“ anhören, die er mit einem Interview in der NZZ freilich selber beförderte hatte. Schlegel sagte dort nach seiner Wahl zum VizeprĂ€sidenten: „Ich war der Praktikant von Thomas Jordan. Und bin es irgendwie immer noch.“

Der kommunikative Fehltritt, in dem die Unerfahrenheit des neuen obersten FrankenwĂ€chters im Umgang mit der Öffentlichkeit zum Ausdruck kommen mag, Ă€ndert freilich nichts an seinen QualitĂ€ten in den relevanten Fachgebieten, zu denen nebst der Geldpolitik insbesondere auch das Thema FinanzstabilitĂ€t gehört. Letztere war in den vergangen zwei Jahren und somit auch wĂ€hrend der Credit-Suisse-Krise Schlegels ZustĂ€ndigkeitsbereich. Möglicherweise war diese, fĂŒr die Schweiz und ihren Finanzplatz ĂŒberaus prĂ€gende Erfahrung mit ein Grund, weshalb sich der fĂŒr die Wahl der Notenbank-Direktoren zustĂ€ndige Regierungsausschuss unter FĂŒhrung von Finanzministerin Karin Keller-Sutter nicht fĂŒr das Experiment einer externen Kandidatin oder eines externen Kandidaten erwĂ€rmen konnte. Solche Personen hĂ€tten allerdings sehr wohl auf der Shortlist gestanden und ihre Bewerbungen seien auch eingehend geprĂŒft worden, versicherte Keller-Sutter auf einer Medienkonferenz in Bern. Als Kandidatin mit guten Außenseiterchancen war in den Schweizer Medien mehrfach auch der Name von Beatrice Weder di Mauro gefallen, die in den Jahren 2004 bis 2012 dem Rat der „Wirtschaftsweisen“ der deutschen Regierung angehört hatte. FĂŒr eine weibliche Chefin der SNB hat es nicht gereicht. Die Chancen fĂŒr eine solche Wahl waren schon im August 2022 stark geschwunden, als Schlegel vom erweiterten Nationalbank-Direktorium direkt ins VizeprĂ€sidium berufen worden war und dort AndrĂ©a Maechler den Aufstieg vom dritten ins zweite Departement versperrte. Die Westschweizerin zog sich nach dieser Desavouierung bald zurĂŒck und amtet inzwischen als VizeprĂ€sidentin der Bank fĂŒr Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel.

Ein junges Team

Das weibliche Element, das in der Schweizer Notenbank im internationalen Vergleich immer noch eher untervertreten ist, wird mit der Wahl von Petra Tschudin zur Vorsteherin des dritten Departements dennoch gestĂ€rkt. Die habilitierte Ökonomin ist mit ihren 48 Jahren ebenfalls bereits eine SNB-Veteranin. Sie trat 2004 dem Noteninstitut bei. Von 2009 bis 2011 war sie fĂŒr die BIZ tĂ€tig. Zwischen 2011 und 2014 forschte sie am wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Institut des Trinity College in Dublin.

Zum VizeprĂ€sidenten und Schlegels Stellvertreter rĂŒckt der aus der französischsprachigen Schweiz stammende Antoine Martin auf. Er war erst im Januar von der Fed in New York zur Nationalbank gestoßen, nachdem er mehr als 20 Jahre in Nordamerika tĂ€tig war. Martin wird mit 55 Jahren zum Ă€ltesten Mitglied Dreiergremium an der SNB-Spitze.