Alexandr Wang

Mit Klickarbeitern zum jüngsten Selfmade-Milliardär der Welt

Mit dem Abschluss eines Series-F-Fundings hat sich Alexandr Wang den Forbes-Titel des weltweit jüngsten Selfmade-Milliardärs zurückgeholt. Das Geschäftsmodell seiner Firma Scale AI hat in der Vergangenheit bereits für Kritik gesorgt.

Mit Klickarbeitern zum jüngsten Selfmade-Milliardär der Welt

Mit Klickarbeiterfirma zum jüngsten Selfmade-Milliardär der Welt

kro Frankfurt

Er hat sich mit seinem Start-up des Teils der KI-Lieferkette angenommen, der bislang eher im Hintergrund stattfindet, aber trotzdem schon einiges an Kritik auf sich gezogen hat: die arbeitsintensive und daher vielfach in Entwicklungsländer ausgelagerte Aufbereitung von KI-Trainingsdaten, auch Daten-Annotation oder Data Labeling genannt. Mit dem Outsourcing dieser Tätigkeiten ist Alexandr Wang reich geworden, zumindest auf dem Papier: Das Vermögen des 27-jährigen Tech-Unternehmers aus New Mexico dürfte sich mit seinem geschätzten Anteil an der von ihm mitgegründeten Scale AI von 14% derzeit auf etwa 2 Mrd. Dollar belaufen. Scale AI ist gerade erst bei einem Series-F-Funding mit 13,8 Mrd. Dollar bewertet worden – und Wang damit schon zum zweiten Mal Träger des Forbes-Titels „jüngster Selfmade-Milliardär der Welt“. Das erste Mal hatte er das im Mai 2022 geschafft. Dann kam der globale Tech-Abschwung. Und Wang verlor den Titel zeitweise.

Als er Scale zusammen mit Tech-Managerin Lucy Guo ins Leben rief, war Wang noch keine 20 – aber schon damals offenbar im Bilde, welche Dienstleistungen im KI-Zeitalter gefragt sein werden. Immerhin hatte er ein ganzes Jahr lang Mathematik und Computerwissenschaften am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) studiert, bevor er – ganz nach US-Gründermanier – das Studium hinwarf und zur renommierten US-Start-up-Schmiede Y Combinator ging. Dort kam es 2016 zur Gründung von Scale, deren Kunden- und Investorenliste sich heute wie das Who is who der US-amerikanischen Tech-Elite liest: Microsoft, Meta und OpenAI nutzen die sogenannten Datenetikettierungsdienste, also von menschlichen Klickarbeitern durchgeführte Beschriftungen von Daten wie Text, Bildern oder Videos, was eine wichtige Voraussetzung ist, um KI-Modelle zu trainieren. Nvidia, Tiger Global, Intel Capital, Amazon, Coatue und weitere hochkarätige Investoren haben Geld in das Start-up gesteckt.

„Weit entfernt“ von fairer Arbeit

„Im generativen KI-Goldrausch sind wir die Hacken und Schaufeln“, sagte Wang vor einem Jahr in einem Forbes-Interview. Dass sich das Start-up – wie diverse andere Outsourcing-Firmen – die global sehr unterschiedlichen Lohnniveaus und Arbeitsbedingungen zunutze macht, um seine „Hacken und Schaufeln“ im großen Stil und erschwinglich an den Mann zu bringen, hat in der Vergangenheit bereits für Kritik gesorgt. Scale bietet seine Dienste über die Tochterfirma Remotasks an, die zuletzt nach eigenen Angaben 240.000 „Taskers“, also Klickarbeiter beschäftigte. Der Großteil der Menschen ist laut Medienberichten in Entwicklungsländern wie Kenia, Venezuela oder auf den Philippinen beheimatet. Vielen bezahlt die Firma dort nicht mal 1 Dollar pro Stunde für die Daten-Annotation.

Remotasks bzw. Scale ist nicht das einzige Unternehmen mit diesem Geschäftsmodell. Am Markt konkurriert der Anbieter unter anderem mit Größen wie Amazon, die ihren „Marktplatz für Mikrotasks“ namens Amazon Mechanical Turk bereits im Jahr 2005 an den Start gebracht hat. Das von der Oxford-Universität und dem Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung koordinierte Fairwork Project hatte im vergangenen Jahr 15 solcher digitalen Arbeitsplattformen auf die zugrundeliegenden Arbeitsbedingungen untersucht. Das Fazit: Die Plattformen seien „noch weit davon entfernt, die grundlegenden Standards für faire Arbeit zu gewährleisten“. Von insgesamt zehn Punkten, die sich aus verschiedenen, von den Forschern definierten Kriterien fairer Arbeit zusammensetzen, erreichte Remotasks genau einen Punkt. Amazon Mechanical Turk erhielt null Punkte. Die drei besten Plattformen (Comeup, Prolific und Terawork) schafften jeweils fünf Punkte.

Schwarze Zahlen in Sicht

Für die Betreiber scheint es ein lohnendes Geschäft zu sein. Zumindest Scale rechnet damit, noch in diesem Jahr profitabel zu werden, wie Wang der US-Zeitung „Fortune“ sagte. Auf welcher Basis dies zu erwarten sei, ließ er offen und sprach dafür lieber über das Wachstum der Firma: Der jährliche wiederkehrende Umsatz habe sich 2023 verdreifacht. Ende 2024 sollen sich die Erlöse laut dem CEO auf bis zu 1,4 Mrd. Dollar belaufen.

Zum Kurs auf die schwarzen Zahlen dürfte auch eine Entlassungsrunde beigetragen haben, die das Unternehmen Anfang vergangenen Jahres angekündigt hatte. 20% der Belegschaft mussten damals gehen. Laut dem Nachrichtenportal „Techcrunch“ zählte Scale im Februar 2022 noch rund 450 Mitarbeitende.