Jan Kemper

N26 findet Finanzvorstand für Börsengang

Das Berliner Fintechunternehmen N26 unterstreicht mit dieser Personalie seine Ambitionen für einen baldigen Börsengang. Anders ist die Berufung von Jan Kemper als neuer Finanzvorstand der Neobank kaum zu deuten. Der 40-Jährige hat 2014 schon den...

N26 findet Finanzvorstand für Börsengang

Von Stefan Paravicini, Berlin

Das Berliner Fintechunternehmen N26 unterstreicht mit dieser Personalie seine Ambitionen für einen baldigen Börsengang. Anders ist die Berufung von Jan Kemper als neuer Finanzvorstand der Neobank kaum zu deuten. Der 40-Jährige hat 2014 schon den Berliner Online-Händler Zalando an die Börse geführt und später das Finanzressort des damaligen Dax-Konzerns ProSiebenSat.1 geleitet. Im Frühjahr 2019 erfolgte der für viele Beobachter überraschende Wechsel von der Münchner Sendergruppe zurück in die Start-up-Szene nach Berlin, zu der Online-Reiseplattform Omio, die vor der Pandemie ebenfalls als Kandidat für einen Börsengang gehandelt wurde. Trotz Umsatzeinbruch in der Coronakrise hat Kemper mit Omio im zurückliegenden Sommer eine 100 Mill. Dollar schwere Finanzierungsrunde auf die Beine gestellt – die größte Finanzierung eines europäischen Reise-Start-ups seit Start der Pandemie.

Fintech-Gründer wird Co-CEO

„Seine Erfahrungen in der Skalierung von Start-ups zu börsennotierten Unternehmen sind für unsere zukünftigen Pläne von großer Bedeutung“, sagte N26-Gründer Maximilian Tayenthal und gab damit gleich die Richtung für den neuen Finanzchef vor. Tayenthal hat bislang die CFO-Rolle bei N26 ausgefüllt und rückt nach der Berufung von Kemper an die Spitze des Finanzressorts zum Co-CEO neben Mitgründer Valentin Stalf auf. Die bisherigen Verantwortungsbereiche der beiden Gründer bleiben dabei unverändert, wie die Neobank festhält. Dass N26 auf der Suche nach einem CFO ist, wurde zum ersten Mal schon im Mai 2020 berichtet. Kemper soll seinen neuen Posten in der zweiten Jahreshälfte 2021 antreten und an Tayenthal berichten.

„Es ist ein großartiger Zeitpunkt, ein Teil von N26 zu werden“, sagte Kemper zu seinem Wechsel. Er freue sich darauf, die Wachstumspläne von N26 voranzutreiben. Wie diese Pläne aussehen, hat Firmengründer und CEO Valentin Stalf erst kurz vor Weihnachten im Interview der Nachrichtenagentur Reuters erklärt. Das Geschäft laufe trotz Coronakrise sehr gut, sagte er damals. Die Bank zähle deutlich mehr als die zuletzt verkündeten fünf Millionen Kunden. Schon in diesem Jahr könne die Bank auf operativer Ebene profitabel werden, kündigte Stalf an.

Doch auch wenn ein positives Betriebsergebnis vor gar nicht langer Zeit noch als Grundvoraussetzung für ein öffentliches Angebot an Investoren galt, blieb der N26-Chef beim Zeitplan für ein IPO zuletzt vage. „Wenn wir von heute in drei Jahren an die Börse gehen, wäre das sehr schnell“, sagte Stalf kurz vor dem Jahreswechsel. Die Berufung von Kemper schürt nun die Erwartungen, dass sich das Fintech auf dem Weg an die Börse weniger Zeit lassen könnte. Das Umfeld für ein IPO ist günstig, wie die konkretisierten Börsenpläne des Berliner Online-Gebrauchtwagenhändlers Auto1 untermauern, der sich eine Bewertung von mehr als 7 Mrd. Euro zutraut.

N26, die seit ihrer Gründung 2013 knapp 800 Mill. Dollar bei Investoren wie dem Versicherungskonzern Allianz, dem Staatsfonds GIC aus Singapur, dem chinesischen Internet-Riesen Tencent, dem Venture-Capital-Investor Earlybird und dem deutschamerikanischen Investor Peter Thiel eingesammelt hat, gilt mit einer Bewertung von zuletzt rund 3,5Mrd. Dollar als wertvollstes deutsches Fintech. Vor dem Börsengang will Firmenchef Stalf aber noch „mindestens“ eine weitere Finanzierungsrunde bei privaten Investoren absolvieren, wie er Reuters unter dem Weihnachtsbaum verriet.

Den Gang an die Börse nach zahlreichen Finanzierungsrunden hat Kemper schon bei Zalando absolviert, bei der er sieben Jahre lang für das Finanzressort zuständig war. Zwischen 2010 und 2014 stellte der Absolvent der WHU Vallendar, der an der RWTH Aachen promoviert hat, bei dem Online-Händler Finanzierungsrunden über rund 800 Mill. Euro auf die Beine, verantwortete Fremdfinanzierungen mit einem Volumen von mehr als 1 Mrd. Euro und begleitete auch den Börsengang, der 526 Mill. Euro einspielte. Sein Team wuchs in dieser Zeit von 15 auf rund 400 Mitarbeiter. Heute ist Zalando, die zuletzt von der Corona-Pandemie profitiert hat, an der Börse rund 26 Mrd. Euro wert.

 Kurzer Ausflug nach München

Nach seinem Wechsel zu ProSiebenSat.1 im Sommer 2017 fädelte Kemper als CFO unter anderem die Beteiligung des Wachstumsinvestors General Atlantic am Partnerunternehmen Nucom ein. Er verhandelte die Veräußerung der Travel-Akti­vitäten der Sendergruppe, darunter auch Etraveli, die in einem gut 500Mill. Euro schweren Deal an den Finanzinvestor CVC ging. Der Ausflug nach München dauerte allerdings nur knapp zwei Jahre und endete im „besten Einvernehmen“, wie das Unternehmen beteuerte – oder aber doch im Streit mit dem damaligen Chef Max Conze, wie das „Manager Magazin“ wusste.

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