Versicherungsaufsicht

Nachfolge für BaFin-Spitzenposten dringend gesucht

In zwei Monaten geht BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund in den Ruhestand. Die Nachfolge ist noch offen. Eine Hängepartie sollte sich die Finanzaufsicht nicht leisten.

Nachfolge für BaFin-Spitzenposten dringend gesucht

Nachfolge für BaFin-Spitzenjob dringend gesucht

Von Antje Kullrich, Köln und Angela Wefers, Berlin

Es sind nicht mehr ganz zwei Monate, bis der oberste Versicherungsaufseher der Republik aus dem Amt scheidet. Frank Grund, der seit acht Jahren als Exekutivdirektor bei der BaFin für die Assekuranz zuständig ist, hat im Februar seinen 65. Geburtstag gefeiert und geht Ende September in den Ruhestand. Seine Nachfolge ist bislang offen. “Das Verfahren zur Nachbesetzung läuft, so dass wir zum aktuellen Zeitpunkt keine detaillierteren Auskünfte geben können“, heißt es auf eine Anfrage der Börsen-Zeitung beim Bundesfinanzministerium in Berlin. Zur Zahl der Kandidatinnen oder Kandidaten sowie zu der Frage, ob es einen nahtlosen Übergang geben wird, schweigt sich das Ministerium, das als vorgesetzte Behörde für die BaFin zuständig ist, aus.

Die Ablösung an der Spitze der Versicherungsaufsicht fällt in eine Zeit, in der es für die Branche insgesamt ein bisschen ruhiger zugeht als beim vergangenen Wachwechsel. Denn dort stand die Einführung des neuen europäischen Aufsichtsregimes Solvency II kurz vor der Tür, während das Zinstief die Lebensversicherer beutelte. Dennoch hat die Versicherungsaufsicht eine Menge aktueller Themen – von Cybersicherheit über Kapitalanlagethemen bis zu Kostenproblematiken in der Lebensversicherung. Einige Unternehmen dürften jedoch mit besonderer Spannung auf die Neubesetzung blicken: So liegt einer der größten Run-off-Deals der vergangenen Jahre seit gut einem Jahr zur Entscheidung bei der BaFin. Im Juni 2022 gab die Zurich bekannt, ihren Altbestand an traditionellen Lebensversicherungen an den Abwickler Viridium übertragen zu wollen. Run-off-Entscheidungen hat die BaFin bereits in der Vergangenheit immer sehr gründlich und lange geprüft, ein Personalwechsel an der Spitze dürfte das Verfahren nicht unbedingt beschleunigen.

Heikle Entscheidung

Zumal Viridium unter besonderer Beobachtung steht: Im vergangenen Herbst hatte Grund, ohne Namen zu nennen, ziemlich unverblümt den Run-off-Anbieter aus Neu-Isenburg öffentlich für seine erheblichen Probleme bei der IT-Migration übernommener Verträge kritisiert. Dazu kommt, dass der Viridium-Mehrheitseigner Cinven Ärger mit der italienischen Versicherungsaufsicht hat. Cinven gehört in Italien der mittelgroße Lebensversicherer Eurovita. Der rutschte 2022 in eine Liquiditätskrise, als viele Kunden ihre Verträge wegen der Zinswende kündigten. Die Versicherungsaufsicht forderte Cinven auf, Geld nachzuschießen. Dem kam der Private-Equity-Investor jedoch nur in Teilen nach. Ende Juni wurde eine Auffanglösung mit mehreren Versicherungskonzernen – unter anderem Allianz und Generali – vereinbart. Auch wenn die Marktgegebenheiten in Italien etwas anders sind und eine Schieflage wie von Eurovita in dieser Form in Deutschland kaum wahrscheinlich ist – die BaFin dürfte die Ereignisse mit Interesse verfolgen. Es erscheint deshalb nicht unwahrscheinlich, dass es bis zum Ausscheiden von Grund in den nächsten Wochen zu keiner Entscheidung mehr kommen wird. Die BaFin wollte sich dazu nicht äußern.

Diffiziles Bewerberprofil

Es ist nicht das erste Mal, dass die Nachbesetzung der obersten Stelle in der Versicherungsaufsicht zur Hängepartie werden könnte. Auch die Berufung von Frank Grund folgte auf eine mehrmonatige Vakanz auf dem Posten. Damals war das Aufrücken seines Vorgängers Felix Hufeld an die Spitze der BaFin nicht von langer Hand geplant – das Ausscheiden von Grund mit seinen jetzt 65 Jahren stand jedoch schon lange fest. Umso ärgerlicher, auch für die Branche, dürfte die Unklarheit noch so kurz vor knapp sein.

Das Anforderungsprofil ist kein einfaches: Tiefe Kenntnis, aber nicht überbordende Nähe zur Versicherungswirtschaft ist gefragt. So ist der direkte Wechsel von einem Vorstandsposten an die Spitze der Branchenaufsicht quasi ausgeschlossen, eine Karenzzeit Bedingung. Selbst bei Grund wurde seine Distanz kritisch hinterfragt. Er war bis 2012 Chef der Basler Versicherungen in Deutschland gewesen, hatte bis zu seinem Wechsel zur BaFin noch Aufsichtsratsposten in der Branche inne und hatte bis dahin sein gesamtes Berufsleben in der Assekuranz verbracht. Finanziell ist der Posten immerhin aufgewertet worden. Nachdem früher die BaFin-Leitung noch nach Besoldungsgruppen im B-Bereich bezahlt wurden, dürfen Exekutivdirektoren mittlerweile ihr Gehalt frei verhandeln.

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