Nächster Korruptionsfall bei Chinas Kreditriesen
Von Norbert Hellmann, Schanghai
Chinas gestrengen Antikorruptionswächtern scheint erneut ein dickerer Fisch aus dem Finanzsektor ins Netz gegangen zu sein. Dabei handelt es sich nicht zum ersten Mal um eine Führungsperson der China Development Bank (CDB), des gigantischen Förderinstituts, das dem chinesischen Staatsrat direkt untersteht. Laut einer Mitteilung der Communist Party’s Central Commission for Discipline Inspection (CCDI) ist der CDB-Vizepräsident He Xingxiang (58) festgenommen worden und nun Gegenstand von Ermittlungen wegen „vermuteter ernster Verstößegegen Disziplin und Gesetz“. Bei dieser Standardformulierung handelt es sich um einen amtlichen Euphemismus für Korruptionsvergehen von Staatsdienern und Parteimitgliedern.
Der Ausgang dieser Verfahren ist praktisch vorbestimmt. Wenn die Disziplinarkommission einmal zugeschlagen hat, ist die Schuldfrage noch vor den anhängigen Gerichtsverfahren bereits geklärt und es geht dann nur noch um die Frage, ob die Justiz eine langjährige oder gleich lebenslange Haftstrafe verhängt. Einen Freispruch bei höherrangigen Verdächtigen hat es noch nie gegeben, dafür kommt es in allerdings sehr seltenen Fällen auch mal zur Verhängung der Todesstrafe. So wurde im Januar der langjährige Chef der mittlerweile zum Sanierungsfall gewordenen staatlichen „Bad Bank“ China Huarong Asset Management, Lai Xiaoming, wegen besonders schwerer Korruptionsvergehen zum Tode verurteilt und hingerichtet.
He hat eine ziemlich typische chinesische Bankerkarriere durchlaufen. Er stand zunächst in Diensten der Bank of China, einer der vier großen staatlichen Geschäftsbanken, und wechselte dann in den Förderbankenbereich zur Agricultural Development Bank of China, wo er bis zum Vizepräsidentenrang aufstieg. Der nächste logische Karriereschritt war dann der Wechsel zur CDB als der mit Abstand wichtigsten und größten der drei staatlichen Förderbanken.
Die Festnahme von He folgt im Abstand von acht Monaten zum Verfahren gegen den früheren Chairman und Parteichef der CDB, Hu Huaibank, der Anfang des Jahres zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Ihm wurde die Vereinnahmung von Schmiergeldern über mindestens 86 Mill. Yuan (11 Mill. Euro) zum Vorwurf gemacht. Dabei soll es unter anderem zur Vergabe von illegalen Milliardenkrediten an den damals privaten, nun aber verstaatlichten Ölkonzern CEFC China Energy gekommen sein. Im Jahr 2016 wiederum war der damalige stellvertretende Parteichef und Chairman des Aufsichtsrates der CDB, Yao Zhongming – ebenfalls wegen der Vereinnahmung von Bestechungsgeldern zur erleichterten Anbahnung von CDB-Krediten –, der Korruption überführt und mit einer 14-jährigen Gefängnisstrafe belegt worden.