Neue Ära bei Ferrari: Erstes Elektroauto wird vorgestellt
Neue Ära bei Ferrari: Erstes Elektroauto wird vorgestellt
Ferrari macht Abstriche bei Elektro-Strategie
bl Mailand
Die Zeitenwende beim italienischen Sportwagenhersteller Ferrari muss wohl noch etwas warten. Zwar stellte CEO Benedetto Vigna (56) den Analysten am Firmensitz in Maranello bei Modena zentrale Komponenten des ersten vollelektrischen Modells vor, das ab 2026 im Angebot sein soll. Doch gleichzeitig reduzierte er die Absatzziele für das Elektroauto: Statt 40%, wie ursprünglich geplant, sollen Elektroantriebe 2030 nur 20% zum Gesamtabsatz beitragen. Die Nachfrage nach Stromern ist deutlich geringer als geplant. „Nicht alle unsere Kunden wollen Elektroautos“, gab Vigna zu.
Dabei lässt der Viertürer, der um die 500.000 Euro kosten soll, mit mehr als 1000 PS, einer Spitzengeschwindigkeit von 310 kmh und einer Reichweite von über 530 Kilometern kaum Wünsche offen. Die Techniker haben dafür gesorgt, dass auch der Sound stimmt. Doch dem Ferrari-Stromer fehlt das Herz, der Hochleistungsmotor, der die Herzen der „Ferraristi“ seit 78 Jahren höher schlagen lässt.
Ferrari ist mit dem ersten Vollelektriker viel später dran als fast alle anderen Hersteller. Porsche hat mit dem Taycan bereits seit 2019 ein solches Fahrzeug im Angebot. Doch während Porsche in diesem Jahr im schlimmsten Fall sogar Verluste schreibt, hat Vigna die Jahresprognose für 2025 angehoben. Statt eines Umsatzes von 7 Mrd. Euro erwartet er nun Erlöse von 7,1 Mrd. Euro und eine unveränderte Betriebsmarge von über 29%. Für 2030 peilt er mehr als 30% an. Das ist einzigartig in der Autobranche.
Chairman John Elkann, Vertreter des Großaktionärs Exor, versicherte, man sei technologieneutral und werde die Verbrennermotoren weiterentwickeln. Sie sollen 2030 noch 40 Prozent zum Absatz beitragen – statt der bisher geplanten 20 Prozent.
Dabei hat Ferrari für die Produktion der Elektro-Fahrzeuge eigens eine Produktionshalle errichtet, in der die elektrischen Antriebssysteme, die Batterien mit Zellen eines Partners und die Achsen entwickelt worden sind und gebaut werden. Vigna versichert, die Fertigung sei flexibel.
Behutsam wachsen
Die Fahrzeuge von Ferrari gehen weiter weg wie warme Semmeln. Doch Vigna will, dass Ferrari nur behutsam wächst. „Die Impulse sollen nicht aus Volumenwachstum kommen. Wir wollen vermeiden, dass zu viele Ferrari des selben Typs auf den Straßen sind.“ Das Schlüsselwort ist Verknappung. Damit soll die Exklusivität gewahrt bleiben.
Vigna, ein Software-Spezialist aus dem süditalienischen Potenza, der an der Universität Pisa Physik studiert hat und den größten Teil seines Berufslebens beim Chip-Produzenten STMicroelectronics verbracht hat, hält mehr als 200 Patente. Er hat viele Elektronik- und IT-Fachleute ins Unternehmen geholt.
Ferrari will bis 2030 jährlich vier neue Modelle auf den Markt bringen. Die Impulse sollen aus einem besseren Verkaufsmix kommen. Vigna setzt zunächst vor allem auf Verbrenner und Hybridfahrzeuge.
Der CEO peilt bis 2030 einen Umsatzzuwachs von jährlich 5% auf 9 Mrd. Euro und einen Zuwachs beim Betriebsergebnis (Ebit) gegenüber 2024 von 1,9 auf über 2,75 Mrd. Euro an. Die Aktionäre, die zwischen 2022 und 2025 rund 4 Mrd. Euro in Form von Dividenden und Aktienrückkäufen erhalten haben, sollen zwischen 2026 und 2030 etwa 7 Mrd. Euro erhalten.
Auch die US-Strafzölle können Ferrari nicht stoppen. Kunden, die mehrere hunderttausend Euro für einen Ferrari hinzulegen können, stören sich nicht an Krisen. Enttäuscht haben die Märkte reagiert. Sie hatten bessere Zahlen erwartet.
Der Ferrari-Aktienkurs brach am Donnerstag im zweistelligen Prozentbereich ein.