Oligarch Fridman auf Einkaufstour
Oligarch Fridman auf Einkaufstour
Von Eduard Steiner, MoskauWer Michail Fridman kennenlernt, wĂŒrde nicht gleich denken, dass der heute 50-JĂ€hrige seit Jahren Geld an einen Fonds fĂŒr herzkranke Kinder oder an ein Jazzfestival in seiner westukrainischen Heimatstadt Lemberg spendet. Kaum weniger ĂŒberraschend fĂŒr viele war seine Teilnahme am BegrĂ€bnis des in Moskau ermordeten Oppositionspolitikers Boris Nemzow Anfang MĂ€rz, womit er â trotz erklĂ€rter politischer NeutralitĂ€t â seine Betroffenheit ĂŒber die Lage in Russland öffentlich bekundete. Fridman, der als zweitreichster Russe von Forbes Russia auf ein Vermögen von 17,6 Mrd. Dollar geschĂ€tzt wird, kann eben auch anders. Man sieht es halt selten.Denn eigentlich gibt es in der russischen GeschĂ€ftswelt kaum einen hĂ€rteren, streitlustigeren, aber auch gewiefteren Unternehmer als ihn. Einen GeschĂ€ftsmann mache nĂ€mlich Abenteuerlust, Bereitschaft zum Konflikt und eine angemessene EinschĂ€tzung seiner selbst und seiner Umgebung aus, wie er selber einmal sagte. Im Ăbrigen, so der geschiedene Vater von vier Kindern, interessiere ihn eigentlich kaum etwas auĂer der Wirtschaft.Vor dem Hintergrund dieses Naturells will er nun den europĂ€ischen und amerikanischen Telekommunikations- und Technologiesektor aufmischen. Fridman ist nĂ€mlich auf dem Sprung, ganze 16 Mrd. Dollar in diesen Sektor zu investieren, wie die âFinancial Timesâ berichtete. Fridman und seine russischen Partner hĂ€tten dafĂŒr ein eigenes Investitionsvehikel namens LetterOne Technology (L1 Technology) gegrĂŒndet, das sich als eigener Zweig innerhalb seines groĂen Investitionsvehikels L1 versteht. Eine Aufstockung auf 25 Mrd. Dollar sei möglich. Als AufsichtsrĂ€te in den neuen Investitionsfonds ziehen unter anderem der GrĂŒnder von Lastminute.com Brent Hoberman sowie Sir Julian Horn-Smith, einer der GrĂŒnder von Vodafone, ein.Fridman, dessen Eltern in Köln leben, zieht es in den Westen. Das kommt nicht von ungefĂ€hr. Seit er und die britische BP ihr Ă€uĂerst lukratives russisches Ăl-Joint-Venture TNK-BP nach einem langen AktionĂ€rsstreit vor zwei Jahren an den staatlichen Konkurrenten Rosneft verkaufen mussten, sitzt Fridman auf etlichen Milliarden. Selbst wenn es in Russland attraktive Vermögenswerte zu kaufen gĂ€be, wĂ€re momentan nicht die Zeit dafĂŒr. So sieht sich Fridman anderweitig um. Zuletzt hat er die RWE-Fördertochter Dea fĂŒr 5,1 Mrd. Euro erworben.Dass er nun den Telekommunikationssektor fokussiert, hat seine Logik. Dieser war schon bisher eines der wichtigsten Standbeine neben den Beteiligungen aus der Ăl-, der Banken- und Retailbranche, die Fridman in seiner âAlfa-Groupâ gebĂŒndelt hat. Der Konzern Vimpelcom gehört genauso dazu wie sein 13-Prozent-Anteil an der tĂŒrkischen Turkcell, wo derzeit zwischen ihm und dem tĂŒrkischen Anteilseigner, der Cukurova Holding, ein AktionĂ€rsstreit vor einem Londoner Schiedsgericht beginnt. Man wolle ein breites Portfolio aufbauen, das von traditionellen Telekommunikationsfirmen mit Kapitalbedarf bis zu Internet-Unternehmen reicht, die Apps produzieren und sich als Dienstleister im Streaming verstehen, so Alexej Resnikowitsch, Generaldirektor von L1 Technology. Immerhin: Auf ein neues Google sei man nicht aus.