Chinas Parteiführung lässt mit einer personellen Weichenstellung bei der selbstverständlich dem politischen Apparat untergeordneten Zentralbank des Landes aufhorchen. Der Vizegouverneur der People’s Bank of China (PBOC) Pan Gongsheng (59) wird mit sofortiger Wirkung den Rang des Parteichefs der PBOC bekleiden und damit in der für alle chinesischen Institutionen und auch Staatsunternehmen geltenden Systematik die tatsächliche Führungsverantwortung übernehmen.

Die Rolle des Parteichefs der PBOC war in den vergangenen fünf Jahren nicht etwa vom amtierenden Zentralbankgouverneur Yi Gang übernommen worden, sondern oblag dem nach dem chinesischen Volkskongress in Ruhestand versetzten langjährigen Chef der Banken- und Versicherungsaufsicht, Guo Shuqing. Dieser erfüllte damit eine Doppelfunktion als eine Art übergeordneter Finanzstabilitätswächter für den es nach chinesischer Lesart eine gehobene politische Funktion bedarf, die sich durch die Mitgliedschaft im Zentralkomitee der Kommunistischen Partei oder dem noch höherrangigen Politbüro der Partei manifestiert.

Nach dem Volkskongress im März dieses Jahres hatte es einige Verwirrung um die Personalfragen bei der Zentralbank gegeben. Zur Überraschung der meisten China-Beobachter wurde kein neuer Zentralbankgouverneur als Nachfolger für Yi Gang designiert, der seit 2018 amtiert. Yi hat mit seinen 65 Jahren zwar die übliche Pensionierungsgrenze für hochrangige Beamten- und Ministerialposten bereits überschritten. Allerdings hatte sein Vorgänger Zhou Xiaochuan, der ein herausragendes Renommee genoss, trotz Überschreitung der Altersschwelle für ein weiteres fünfjähriges Mandat beibehalten worden.

Zum Frühjahrsbeginn gab es damit ein Rätselraten über die künftige Rollenverteilung der PBOC. Zum einen weil der als heißer Kandidat für die Führungsposition gehandelte Chef des staatlichen Finanzkonglomerats Citic Group, Zhu Hexin, nicht zum Zug kam. Zum anderen weil Veteran Yi Gang nicht in den Ruhestand versetzt wurde. Gleichzeitig wurde Pan Gongsheng nicht mehr fürs Zentralkommitee nominiert und hat damit seine politische Hierarchieverankerung eingebüßt. Umso überraschender nun ist es, dass der als Währungsfachmann und Leiter des der PBOC beigeordneten Devisenreservenverwalters State Administration of Foreign Exchange (SAFE) hervorgetretene Pan als Parteichef der PBOC nun doch das Bindeglied zur politischen Ebene abgibt.

Mit der jüngsten Beförderung stellt sich freilich die Frage, ob Pan nicht doch in Kürze in die Rolle des Zentralbankgouverneurs gehievt wird und Yi damit ablöst. Anders als die Zuweisung der Parteichef-Funktion ist die Besetzung des Gouverneurspostens allerdings Aufgabe der Regierung und erfolgt in einem separaten Schritt. In der Mitteilung zu Pans Ernennung als Parteichef der PBOC wurde gleichzeitig bekannt gemacht, dass Yi den Rang des stellvertretenden Parteichefs der PBOC abgibt. Dies spricht nach bisherigen Maßstäben dafür, dass er demnächst in den Ruhestand treten dürfte.

Allerdings muss man feststellen, dass die Weichenstellungen bei der PBOC nicht nach gängigem Muster erfolgt sind, so dass weitere Überraschungen nicht ausgeschlossen werden können. Bei den Marktteilnehmern sind die jüngsten Entwicklungen mit Gelassenheit aufgenommen worden. Dies vor allem, weil Pan als ein herausragender Fachmann gilt und mit einer Ausbildung unter anderem an der Harvard University im Gegensatz zu den meisten chinesischen Spitzenbeamten über gute Englischkenntnisse und internationales Profil verfügt.