Pharmakonzern

Paukenschlag in der Novartis-Führung

Marie-France Tschudin, die zweitstärkste Figur in der operativen Führung des Novartis-Konzerns hinter CEO Vasant Narashimhan, hat völlig überraschend ihren Rücktritt eingereicht. Dahinter scheint sich ein Machtkampf zu verbergen.

Paukenschlag in der Novartis-Führung

Paukenschlag in
der Novartis-Führung

dz Zürich

Beim Basler Pharmakonzern Novartis kommt es zu einer spektakulären Rochade im Top-Management. Pharmachefin Marie-France Tschudin verlässt das Unternehmen völlig unerwartet Mitte des Monats, um ihr nächstes Kapitel als Führungsperson außerhalb von Novartis zu verfolgen, wie das Unternehmen am Mittwoch ohne Angabe von Gründen mitteilte.

Die 52-jährige Schweizerin war erst im Sommer 2022 zur Leiterin des gesamten Pharmageschäfts außerhalb der USA berufen worden und so zur mächtigsten Managerin neben CEO Vasant Narasimhan aufgestiegen. Dieser lobt ihre Leistungen im Abschiedscommuniqué über den grünen Klee, während sich Tschudin nur bei den Mitarbeitenden bedankt. Die kommunikative Finesse muss nicht viel bedeuten, sie erhält aber Gewicht, wenn man die Hintergründe in Betracht zieht.

Zehn Tage vor der Abspaltung der Generika-Tochter Sandoz schafft Novartis die Position des Chief Commercial Officers ab, die Marie-France Tschudin innehatte. Als CCO verfolgte Tschudin das Ziel, die Medikamentenforschung, die Organisationsentwicklung und nicht zuletzt den Verkauf in eine einzige, globale Strategie einzubinden. Nun muss sie diesen Plan aufgeben und die Strategie in den USA dem dortigen Team unter Leitung des Spaniers Victor Bulto überlassen.

Tschudin dürfte sich gegen diese Abwertung ihrer Position gewehrt und sich auf einen Machtkampf mit dem CEO eingelassen haben. Die Managerin hatte sich in den vergangenen Jahren einen sehr guten Ruf erarbeitet. Ihr Abgang kommt für Novartis in einem ungünstigen Moment. Der Konzern will in den nächsten Jahren Dutzende von neuen Medikamenten an den Start bringen, um das seit Jahren unbefriedigende Wachstum wieder in Gang zu bringen.

Als Nachfolger für das internationale Pharmageschäft (ex USA) hat Narasimhan beim amerikanischen Mitbewerber Abbvie den Schweizer Patrick Horber gefunden. Der an der Universität Zürich ausgebildete Mediziner und Chirurg wechselte vor über 20 Jahren vom Operationssaal in die Pharmaindustrie. Zurzeit verantwortet er für Abbvie den Bereich Immunologie, aber nur auf der zweiten Führungsebene. Auch das ist ein starkes Indiz, dass Narasimhan die Position Tschudins zugunsten von Bultos bzw. der US-Organisation zurückstufen wollte.

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