KommentarAurubis

Konsequenter Durchgriff

Der Abgang von drei Aurubis-Vorstandsmitgliedern ist die konsequente Folge schwerwiegender Versäumnisse bei der Werks-, Metall- und Arbeitssicherheit. Doch der Durchgriff an der Konzernspitze sorgt zugleich für neue Unsicherheit.

Konsequenter Durchgriff

Aurubis

Inakzeptable Versäumnisse

Von Carsten Steevens

Der Abgang von drei Vorständen ist nachvollziehbar, sorgt aber für neue Unsicherheit.

Für Aurubis war das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr 2022/23 ein Annus horribilis. Ersichtlich wird das nicht so sehr aus der Erfolgsrechnung und den Bilanzkennzahlen. Mit einem operativen Vorsteuergewinn von 349 Mill. Euro hat der Multimetallanbieter und Kupferecycler sein bislang drittbestes Ergebnis erwirtschaftet. Der Dividendenvorschlag entspricht Erwartungen am Aktienmarkt, der Aktienkurs legte im Verlauf des Geschäftsjahres um fast 30% zu. Finanziell ist das Unternehmen gesund und auf Wachstumskurs. Und doch trennt sich das Hamburger MDax-Unternehmen nun von drei seiner vier Vorstandsmitglieder.

Diese Demissionen sind Folge einer Reihe außerordentlicher Ereignisse. Konnten die Auswirkungen einer Cyberattacke im Herbst 2022 noch gering gehalten werden, überschatteten im weiteren Geschäftsjahresverlauf mehrere Arbeitsunfälle das Unternehmen, einer davon im Mai mit drei Todesopfern. Ferner flog auf, dass Aurubis von kriminellen Banden bestohlen und systematisch betrogen wurde. Neben der Feststellung eines Metallfehlbestands im Umfang eines dreistelligen Millionenbetrags musste im Sommer die Ergebnisprognose korrigiert werden. Niederschmetternd jedoch war vor allem die Erkenntnis einer offensichtlichen Unterwanderung des Unternehmens durch organisierte Kriminalität.

Um den inakzeptablen, schwerwiegenden Versäumnissen der Vergangenheit zu begegnen, hat Aurubis Investitionen in Werks-, Edelmetall- und Arbeitssicherheit beschlossen. Auch auf die Frage nach der Verantwortung des Managements für die Fehlentwicklungen gibt es jetzt auf Gutachtenbasis eine Antwort – mit umwälzenden Folgen: Nur das Vorstandsmitglied mit der kürzesten Amtsdauer darf bleiben. Die Entscheidung des Aufsichtsrats ist konsequent und lässt sich in Anbetracht der Vorfälle nachvollziehen. Zumal, wie eine Festnahme in der vergangenen Woche zeigt, Diebstähle offenbar weiter möglich sind.

Doch der Abgang von drei Vorstandsmitgliedern in den kommenden Monaten sorgt zugleich für neue Unsicherheit. Zwar verabschieden sich die Manager nicht sofort, sondern bis September nacheinander. Für einen geordneten Übergang bis zur Nachfolgeregelung soll auch die temporäre Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds in den Vorstand sorgen. Doch der Durchgriff an der Konzernspitze fällt in eine Phase der Konjunkturschwäche. Auch im laufenden Geschäftsjahr muss sich Aurubis mit anderen Themen als der Geschäftsentwicklung und der Umsetzung wichtiger Wachstumsprojekte beschäftigen. Der Konzern befindet sich in unruhigem Fahrwasser.

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