Russische Zentralbankchefin

Putins wichtige Helferin Nabiullina

Die russische Notenbankchefin Elwira Nabiullina stützt mit ihrer Geldpolitik den Angriffskrieg Moskaus auf die Ukraine. Weshalb die wirtschaftsliberale Ökonomin dies tut, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten.

Putins wichtige Helferin Nabiullina

Putins wichtige Helferin

Von Martin Pirkl, Frankfurt
mpi Frankfurt

„Große Operndirigenten brauchen einen bemerkenswerten Charakter, Intuition und Führungsqualitäten. Es besteht kein Zweifel, dass Elwira all diese Eigenschaften hat – und noch mehr“, lobte EZB-Präsidentin Christine Lagarde 2018 in einer Laudatio überschwänglich Elwira Nabiullina. Nabiullina ist keine Operndirigentin. Aber wie Lagarde ist sie ein bekennender Fan dieser Kunstform. Und wie Lagarde steht die russische Volkswirtin an der Spitze einer Notenbank.

Nabiullina ist seit Juni 2013 Vorsitzende der russischen Zentralbank. In ihrer Amtszeit besetzte Russland erst 2014 die Krim und begann dann 2022 den nach wie vor andauernden Angriffskrieg auf die Ukraine. Der Tochter einer tatarischen Familie kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Ihre Aufgabe war und ist, dafür zu sorgen, dass der russische Rubel trotz Krieges relativ stabil bleibt, die Inflation nicht außer Kontrolle gerät und die Wirtschaft nicht zusammenbricht.

Nabiullina gilt als wirtschaftsliberal

Kurz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine stemmte sich die Notenbank unter Nabiullinas Führung mit einer Leitzinserhöhung von 9,5 auf 20% gegen den Kurzsturz des Rubels. Anschließend stützte sie die weitgehend isolierte russische Wirtschaft mit Zinssenkungen. Ehe sie seit Juni wegen des schwachen Rubels die Zinsen wieder erhöht. Schon vor Beginn des Krieges legte die Zentralbank 643 Mrd. Dollar in Devisen an, um die russische Wirtschaft unabhängiger von den globalen Finanzmärkten zu machen.

An diesem Freitag steht in Russland der nächste Zinsentscheid an. Ökonomen erwarten, dass die Notenbank um Elwira Nabiullina die nächste deutliche Zinserhöhung beschließen wird. Ein Ziel dabei: Den Rubel zu stärken, der in diesem Jahr zu den schwächsten Währungen gehört.

„Kühl kalkulierende Ökonomin“

Für Russlands Präsident Wladimir Putin ist sie damit eine wichtige Stütze in seinen Kriegsplänen. Dabei gilt Nabiullina, die am Sonntag 60 Jahre alt wird, als wirtschaftsliberal und gut vernetzt im Westen. Sie hätte 2022 mit ihrem guten internationalen Ruf wohl auch Karriere im Westen machen können, statt weiter an der Spitze der russischen Zentralbank zu stehen. Weshalb ist sie geblieben?

Darüber sind sich Beobachter und Wegbegleiter uneins. Laut verschiedenen westlichen Medienberichten soll sie nach Kriegsbeginn versucht haben, ihren Rücktritt einzureichen. Putin habe dem jedoch nicht zugestimmt.

Kleidung als Statement

Die frühere Beraterin der russischen Zentralbank Alexandra Prokopenko hält diese Version für nicht glaubwürdig. Nabiullinas Pflichtbewusstsein gegenüber der russischen Bevölkerung habe sie zum Bleiben veranlasst, erzählte sie dem Nachrichtenportal „T-Online“. Zudem beschreibt Prokopenko ihre frühere Kollegin als kühl kalkulierende Ökonomin. Emotionen spielten bei ihren Entscheidungen keine Rolle.

Beobachter machen Nabiullinas kritische Haltung zum russischen Einmarsch an ihrer Kleidung fest. Seit Kriegsbeginn kleidet sie sich bei den meisten ihrer öffentlichen Auftritte schwarz – anders als vor Februar 2022. Dass die vom Magazin „Forbes“ 2021 zu einer der einflussreichsten Frauen der Welt gekürte Notenbankerin Kleidung für Statements benutzt, steht außer Frage.

Als die russische Bevölkerung wegen der Corona-Pandemie dazu aufgerufen wurde, zu Hause zu bleiben, trug sie bei öffentlichen Auftritten einen Anstecker in der Form eines Hauses. Bei einem Zinsentscheid, wo sie die Hoffnungen der Börsianer auf eine Zinssenkung zum wiederholten Mal enttäuschte, trug sie eine Brosche in Form eines Vogels. „Dies ist ein Wintervogel, der langen Frösten standhalten kann. Er ist sehr hartnäckig“, erklärte sie damals.

Erfolge im Kampf gegen Finanzkriminalität

Doch egal ob sie den russischen Krieg tatsächlich verurteilt oder nicht, ein Wechsel Nabiullinas in die westliche Wirtschaft dürfte inzwischen ausgeschlossen sein. Mittlerweile gilt sie wegen ihrer Rolle seit Kriegsbeginn im Westen als Persona non grata.

Nabiullina, die in ihrer Karriere durch die Schließung von rund 500 korrupten Banken auch große Erfolge im Kampf gegen Finanzkriminalität in Russland vorweisen kann, kann sich damit trösten, dass das offizielle russische Renteneintrittsalter für sie nicht mehr allzu weit entfernt ist. Dann hat sie mehr Zeit, sich ihren Hobbys zu widmen. Neben dem Operngesang zählt dazu auch französische Lyrik.

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