Nachhaltige Investments

„Qualität geht vor Quantität“

Valentin Pernet formt bei Oddo BHF AM die nachhaltigen Anlageangebote. Der Franzose verbindet Daten, Regulierung und Impact-Anspruch. Sein Ziel: ESG aus der Nische holen und für alle Assetklassen investierbar machen.

„Qualität geht vor Quantität“

„Qualität geht vor Quantität“

Valentin Pernet formt bei Oddo BHF AM die nachhaltigen Anlageangebote. Der Franzose kam über Mirova zur Nachhaltigkeit und verbindet seither Daten, Regulierung und Impact-Anspruch. Sein Ziel: ESG aus der Nische holen und für alle Assetklassen investierbar machen.

Von Wolf Brandes, Frankfurt
wbr Frankfurt

Valentin Pernet steht an der Schnittstelle von Nachhaltigkeit und Kapitalmarkt. Seit 2025 verantwortet er bei Oddo BHF Asset Management als Global Head of Sustainable Investment Solutions die Weiterentwicklung aller nachhaltigen Anlagelösungen – von Private Debt bis Aktien, über Methoden, Daten und Produktdesign. Seine Laufbahn zeigt, wie sich das Thema ESG vom Nischenfeld zur strategischen Kernaufgabe entwickelt hat.

Schon während des Studiums war sich Pernet im Klaren darüber, dass ihn nicht der klassische Weg in die Investmentbank führen würde. „Während meiner Studienzeit haben viele Kommilitonen Praktika bei großen US-Investmentbanken gemacht. Ich konnte mich damit nicht identifizieren. Prestige und Geld – das war mir zu wenig. Ich suchte immer eine Verbindung zu Sozial- und Umweltthemen“, sagt er.

Anfangs nur wenige Akteure

Nach seinem Abschluss an der Sciences Po Grenoble und der Université Paris-Dauphine stieg er bei Mirova ein – einem Pionier für nachhaltige Kapitalanlagen. „Bei Mirova konnte ich die ersten praktischen Erfahrungen im ESG-Bereich sammeln. Damals gab es nur wenige Akteure mit klarem Nachhaltigkeitsfokus. Das war eine eigene kleine Welt, engagiert, dynamisch, aber noch stark getrennt von der traditionellen Finanzszene.“

Der Wechsel zu Oddo BHF führte ihn nach Deutschland. Fünf Jahre arbeitete Pernet in Düsseldorf und erlebte aus erster Hand die kulturellen und regulatorischen Unterschiede zwischen den beiden Ländern. „Frankreich war bei ESG strukturell weiter entwickelt. In Deutschland waren die Gespräche regulatorischer, zurückhaltender. In Frankreich war man früh bei Impact-Themen.“ Gerade diese binationalen Erfahrungen helfen ihm heute bei der Steuerung der nachhaltigen Strategien des deutsch-französischen Bankhauses.

Daten und Dialog

Pernets Aufgaben reichen vom Aufbau und der Harmonisierung von ESG-Methodiken bis zur praktischen Integration in Investmentprozesse. „Ich entwickle ESG-Produkte für alle Anlageklassen – von Private Debt bis Aktien. Ein Großteil meiner Arbeit betrifft Methoden und Daten – besonders zu Klima, Biodiversität und Engagement.“ Die Analyse und Beschaffung von Zahlen gehören ebenso dazu wie der Dialog mit Unternehmen.

„Wir führen gezielte Engagements, keine Massenansprache. Qualität geht vor Quantität.“ Der Ansatz folgt damit dem Prinzip, Wirkung vor Volumen zu stellen. Ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit mit einem französischen Automobilzulieferer, bei der es um Transparenz in der Lieferkette ging. „Es dauerte über ein Jahr, doch am Ende waren wir zufrieden. Wenn Engagement nichts bringt, bleibt als letztes Mittel der Verkauf – aber das ist selten. Wir setzen eher auf Dialog.“

Komplexe Produktentwicklung

Wie komplex das Feld geworden ist, zeigt sich bei Labels und Ratings. „Labels werden immer schwieriger, weil sich die Anforderungen ständig ändern und weil sie unterschiedlich zwischen Ländern sind. Das macht die Produktentwicklung komplex.“ Trotzdem sieht Pernet in der zunehmenden Regulierung einen Fortschritt: „Transparenz ist wichtig – ESG-Ratings waren lange ein Black-Box-Thema. Die Regulierung geht in die richtige Richtung. Wir haben ein internes Modell, das ist besonders wichtig bei Small Caps oder wenig abgedeckten Titeln wie High Yield, aber wir automatisieren viel, um Effizienz zu gewinnen.“

Für Pernet ist Nachhaltigkeit kein Idealismus, sondern eine Frage von Risikomanagement und Marktstruktur. „Die Welt ist nicht mehr geeint, sondern multipolar – Interessen prallen aufeinander, und das erschwert gemeinsame Schritte in Richtung Klimaneutralität. US-Unternehmen bekämpfen ESG, europäische fühlen sich durch Regeln benachteiligt – das erzeugt Druck auf die EU. Das Gute ist, dass es letztlich um Risiken geht, und Risikomanagement wird für die Finanzwelt zentral bleiben.“

Skeptischer Ausblick

Sein Ausblick fällt dennoch verhalten aus. „Der Markt ist kompliziert geworden, junge Leute tun sich schwer, den Berufseinstieg in Sustainable Finance zu finden. Gute Talente wenden sich ab. Das ist bedenklich.“ Pernet selbst hat sich nie vom Thema abgewandt – im Gegenteil: Er verkörpert eine Generation von Finanzprofis, für die Nachhaltigkeit kein Nebenfach mehr ist, sondern Teil des Kerns jeder Investmententscheidung.