Italienischer Unternehmer

Roberto Colaninno gestorben

Mit Roberto Colaninno ist im Alter von 80 Jahren eine der letzten großen italienischen Unternehmerpersönlichkeiten gestorben. Colaninno stand bis zuletzt an der Spitze des Motorrad- und Scooter-Produzenten Piaggio, dessen Mehrheitsaktionär er war.

Roberto Colaninno gestorben

Roberto Colaninno †

bl Mailand

Mit Roberto Colaninno ist im Alter von 80 Jahren eine der letzten großen Unternehmerpersönlichkeiten Italiens gestorben. Bis zuletzt stand der im norditalienischen Mantua geborene Manager, dessen Familie aus dem süditalienischen Apulien stammt, an der Spitze der Familienholding Immsi und war Präsident und CEO von Piaggio, dem größten europäischen Hersteller motorisierter Zweiräder. Zu dem Unternehmen aus Pontedera in der Toskana gehören so renommierte Marken wie Vespa, Moto Guzzi oder Aprilia, aber auch die Transporter Ape und Porter.

Colaninno hat Italien als Unternehmer geprägt wie nur wenige und galt zeitweise als Wunder-Manager. Der gelernte Buchhalter begann seine Karriere 1969 als CEO des Autozulieferers Fiaam. 1981 gründete er in seiner Heimatstadt den in der gleichen Branche international tätigen Sogefi-Konzern. Olivetti-Präsident Carlo De Benedetti holte ihn 1995 als Chef zu dem Büromaschinenhersteller, der damals in der Krise steckte. Colaninno stieg aus dem Computergeschäft aus und machte das Unternehmen zu einer Holding mit umfangreichen Aktivitäten im Mobilfunk (Omnitel), Internet (Infostrada), Fernsehen und vielem mehr.

Nach dem Verkauf von Omnitel für 7 Mrd. Euro an Mannesmann 1998 startete er die größte Übernahme in Italiens Geschichte für 60 Mrd. Euro: Über eine komplexe Struktur kontrollierte Olivetti im Anschluss eine Mehrheit an Telecom Italia. Er diversifizierte das Unternehmen, das 1997 unter Premierminister Romano Prodi privatisiert worden war, in die Bereiche Festnetz, Mobilfunk, Fernsehen, Internet und Informatik-Systeme und expandierte ins Ausland. Die genauen Umstände des Verkaufs an Marco Tronchetti Proveras Pirelli sind nie ganz geklärt worden. Colaninno wurde zwischenzeitlich gerichtlich verurteilt, dann wieder freigesprochen. Er stieg mit einem Milliardengewinn aus.

Mit dem Verkaufserlös übernahm er 2003 Piaggio. Er brachte das Unternehmen auf Vordermann, kaufte Marken wie Moto Guzzi und Aprilia dazu und ging mit Piaggio 2006 an die Börse. Dort hat der Aktienkurs des Unternehmens, das den Umsatz 2022 um 25% auf 2,1 Mrd. Euro gesteigert hat, inzwischen Rekordhöhen erreicht. Colaninno ist mit Piaggio auch in die Robotik eingestiegen, etwa mit einer Drohne, hat die Elektrifizierung vorangetrieben und ist auch international gewachsen. Nach Indien wurde gerade auch eine Produktion in Indonesien eröffnet.

Noch einmal große Schlagzeilen machte Colaninno, als er mit einer Reihe von Patrioten, den sogenannten capitani coraggiosi, nach dem Rückzug von Air France im Auftrag von Silvio Berlusconi die ewig defizitäre Alitalia sanieren sollte. Das Vorhaben misslang wie so viele Versuche vorher und nachher. Alitalia ging 2015 an Etihad und soll jetzt von der Lufthansa übernommen werden.

Diskreter Familienmensch

Colaninno, stets sehr diskret und ein Familienmensch, gab nie Interviews. Er hinterlässt seine Frau und zwei Söhne, die beide zentrale Rollen bei Piaggio spielen: Matteo, Jahrgang 1970, der auf eine lange politische Karriere als Abgeordneter im sozialdemokratischen Partito Democratico und bei der Renzi-Partei Italia Viva zurückblicken kann, war bisher Executive Vice President bei Piaggio, Michele, Jahrgang 1976, ist CEO und Generaldirektor der Holding Immsi, die 50,1% der Piaggio-Anteile kontrolliert.

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