Sam Altman braucht Raketen und Strom

OpenAI-Chef Sam Altman soll bei einem Raketen-Startup angeklopft haben. Seine energiehungrige Technologie befeuert eine Vision, die nach Science Fiction klingt und trotzdem heute schon vielfach getestet wird: Den Betrieb von Rechenzentren im Weltall.

Sam Altman braucht Raketen und Strom

Sam Altman braucht Raketen und Strom

Von Karolin Rothbart, Frankfurt
Von Karolin Rothbart, Frankfurt

Ein US-Tech-Milliardär denkt über die Anschaffung eines Raumfahrtunternehmens nach. Die Nachricht, die das „Wall Street Journal“ gerade über OpenAI-Chef Sam Altman ausgegraben hat, dürfte bei vielen zunächst für Schulterzucken sorgen. Klar, man kennt es ja: Wer in der amerikanischen Tech-Elite etwas auf sich hält, lässt privatwirtschaftlich Raketen bauen. Amazon-Gründer Jeff Bezos tut es, Tesla-Gründer Elon Musk tut es und Virgin Orbit-Gründer Richard Branson tat es.

Altman tut es seinerseits noch nicht, er soll aber mehrfach Gespräche mit dem Washingtoner Startup Stoke Space geführt haben. Das wurde 2019 von früheren Blue Origin- und SpaceX-Mitarbeitern gegründet, mit dem Ziel, eine Mehrweg-Rakete namens „Nova“ so oft wie möglich kommerziell ins All zu schießen. Nach der letzten Finanzierungsrunde im Oktober kommt Stoke Space derzeit auf ein Gesamtfinanzierung von knapp 1 Mrd. Dollar. Ein Teil davon stammt übrigens von der Wagniskapitalgesellschaft Leitmotif und ihrem Solo-Investor Volkswagen.

Die Gespräche zwischen Altman und Stoke Space haben jedenfalls zu keinem Ergebnis geführt, wie es heißt. Eigentlich habe der Manager darauf abgezielt, sein Unternehmen OpenAI über schrittweise Investitionen zum Haupteigentümer des Raumfahrt-Startups zu machen.

Mehr als reine Ego-Befriedigung

Womöglich schaut er sich ja bald schon woanders um. Denn frühere Aussagen zeigen, dass es Altman bei dem Thema um mehr geht als die reine Befriedigung eines Tech-Bro-Egos. Es geht ihm auch um die Frage der Energie-Erzeugungskapazitäten auf der Erde, die für das künftige Ausmaß der KI-Nutzung noch entscheidend sein werden. So glaube er, dass große Teile der Welt künftig mit energiehungrigen Rechenzentren versehen sein werden, wie Altman jüngst in einem Podcast sagte. Vielleicht werde man andererseits aber auch zu der Erkenntnis gelangen, dass das „eigentlich keinen Sinn macht“.

Altman spielt dabei auf eine Vision an, die auch andere Tech-Unternehmen verfolgen: Die „Installation“ von Rechenzentren im Weltraum. Dort, wo Solarenergie rund um die Uhr zur Verfügung steht, ungestört von Wolken oder Nachtzyklen, sehen einige schon heute die Zukunft der Energieerzeugung. So will das US-Raumfahrt-Startup Lonestar der erste Betreiber eines kommerziellen Rechenzentrums werden, das auf der Mondoberfläche platziert werden soll. Ein Demonstrator war in diesem Jahr bereits auf dem Weg zum Erdtrabanten und habe erfolgreich getestet werden können, wie das 2021 gegründete Unternehmen im März mitteilte. Eine andere US-Jungfirma, die ebenfalls Rechenzentren im All betreiben will, heißt Starcloud und wurde erst vor einem Jahr gegründet. Trotzdem will sie schon im nächsten Jahr einen Satelliten ins All schicken, der zugleich als Rechenzentrum fungieren soll. Neben solchen kleinen Startups befasst sich auch der Suchmaschinenriese Google mit dem Thema und hat Anfang November angekündigt, im Jahr 2027 zwei mit KI-Chips ausgestattete Satelliten-Prototypen in den Weltraum zu bringen. Das Projekt läuft unter dem Namen „Suncatcher“, was so viel wie „Sonnenfänger“ heißt.

Appell an Europa

Dem Vorteil einer deutlich effizienteren Nutzung von Sonnenenergie im All stehen zwar auch einige Nachteile gegenüber. So stellen die niedrigen Temperaturen, die hohe Strahlung und Schwierigkeiten beim Umgang mit der Abwärme von orbitalen Rechenzentren Wissenschaftler derzeit noch vor Herausforderungen. Dennoch hat das European Space Policy Institute (ESPI) erst kürzlich darauf hingewiesen, dass Europa auch in dieser Technologie den Anschluss und seine Souveränität zu verlieren droht, wenn ihr nicht bald mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird.

kro Frankfurt