Großbritannien

Schatzkanzler Rishi Sunak legt Amt nieder

Boris Johnson hat eine schwere Regierungskrise zu bewältigen. Schatzkanzler Rishi Sunak und Gesundheitsminister Sajid Javid sind zurückgetreten und haben dabei nicht mit Kritik an ihm gespart.

Schatzkanzler Rishi Sunak legt Amt nieder

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Der britische Premierminister Boris Johnson (58) steht vor der größten Herausforderung seiner Amtszeit. Schatzkanzler Rishi Sunak (42) und Gesundheitsminister Sajid Javid (52) sind zurückgetreten. Wie der „Spectator“ berichtet, prüft ein weiteres Kabinettsmitglied, es ihnen gleichzutun. Auf den ersten Blick brachte der Skandal um Chris Pincher das Fass zum Überlaufen. Johnson hatte ihm ein Parteiamt verschafft, obwohl er schon wusste, dass ihm sexuelle Belästigung von zwei Männern vorgeworfen wurde. Pincher fungierte bis zu seinem Rücktritt als stellvertretender parlamentarischer Geschäftsführer. Doch dürfte es beim Rücktritt von Sunak und Javid um weit mehr gehen als die immer neuen Skandale und Skandälchen im Treibhaus von Westminster.

Sunak hielt dem Vernehmen nach nicht viel von den großzügigen Ausgabenprogrammen des Premierministers. Es knirschte immer wieder zwischen den Nachbarn in der Downing Street. Er sei bislang bereit gewesen, Kompromisse zu machen und Entscheidungen mitzutragen, mit denen er nicht einverstanden war, erklärte der ehemalige konservative Hoffnungsträger in seinem Rücktrittsschreiben. Nun könne er das nicht mehr tun, weil die Differenzen zwischen Nr. 10 und Nr. 11 nicht mehr zu überbrücken seien. Die Öffentlichkeit „muss wissen, dass es zwar einen Weg in eine bessere Zukunft gibt, dass es aber kein leichter ist“, konstatiert Sunak. „Bei der Vorbereitung auf eine gemeinsamen Rede zur Wirtschaft in der kommenden Woche ist mir klar geworden, dass unsere Herangehensweisen grundsätzlich zu verschieden sind.“

Anders als Johnson kommt Sunak nicht aus großbürgerlichen Verhältnissen. Seine Großeltern stammen aus dem Punjab. Sie kamen über Ostafrika nach Großbritannien. Bildung war das Wichtigste für seine Familie. Sein Vater war NHS-Arzt in Southampton, seine Mutter betrieb eine kleine Apotheke, in der er schon früh aushalf.

Javid war erst im vergangenen Sommer in Johnsons Kabinett zurückgekehrt, als Matt Hancock als Gesundheitsminister unhaltbar ge­worden war. Der ehemalige Investmentbanker hatte sein ur­sprüng­liches Amt als Schatzkanzler nach einem Streit mit Johnsons damaligem Chefstrategen Dominic Cummings niedergelegt, nachdem er es gerade einmal 204 Tage bekleidet hatte. Der Sohn eines Busfahrers aus Rochdale ist genau die Sorte Politiker, von denen die Tories gerne mehr hätten: aufstiegsorientierte „British Asians“, die wissen, was sich gehört. Das parteiinterne Misstrauensvotum hätte ein „Moment zur Demut“ sein können, um die Probleme in den Griff zu bekommen und eine neue Richtung einzuschlagen, stellte Javid in seinem Rücktrittsschreiben fest. „Mir ist klar, dass sich diese Situation unter Ihrer Führung nicht ändern wird, wie ich mit Bedauern feststellen muss, und dass Sie deshalb auch mein Vertrauen verloren haben.“

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