Schweizer Supersanierer in Nöten
Von Daniel Zulauf, ZürichFür den perfekten Skandal fehlt in der gestrigen Medienmitteilung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) nur noch ein Name. Wer ist dieser “ehemalige Verwaltungsrat verschiedener bekannter Schweizer Industrieunternehmen”, der in den Jahren 2013 bis 2016 “wiederholt und systematisch” privilegierte Informationen aus den Unternehmen, in denen er als Organ tätig war, ausgenützt hatte, um von den zu erwartenden Kursbewegungen der Titel zu profitieren?Eigentlich kann es sich bei dieser Person fast nur um den 64-jährigen Zürcher Hans Ziegler handeln. Gegen den umtriebigen Manager, der sich vom Buchhalter zum Obersanierer der Schweizer Firmenlandschaft hochgearbeitet hatte, läuft bereits seit dem November 2016 eine Strafuntersuchung der Bundesanwaltschaft. Die Behörde wurde aufgrund einer Strafanzeige der Finma wegen Insiderhandels aktiv. Und das in der Medienmitteilung der Finma beschriebene Täterprofil passt so exakt auf Ziegler, dass eine Verwechslung wohl eher in den Bereich der theoretischen Möglichkeit gehört.Ziegler saß bis November in den Verwaltungsräten der beiden vom russischen Investor Viktor Vekselberg und dessen Renova Management AG kontrollierten Gesellschaften OC Oerlikon und Schmolz + Bickenbach. Auch beim Augsburger Roboterhersteller Kuka gab Ziegler am 2. Dezember per sofort seinen Sitz im Aufsichtsrat auf. Von 2012 bis 2015 war Ziegler Verwaltungsratspräsident beim gescheiterten Kleiderhändler Charles Vögele. Und schließlich kontrolliert Ziegler, wie der behördlich anonymisierte “ehemalige Verwaltungsrat”, eine eigene Beratungsfirma, die ebenfalls “Gegenstand des Verfahrens” war.Das Beratungsgeschäft gibt Raum für Insidergeschäfte und der fehlbare Verwaltungsrat scheint sich dort ebenso großzügig seines Informationsvorsprunges gegenüber gewöhnlichen Anlegern bedient zu haben, wie in seinen ehemaligen Organfunktionen. Die Finma fand jedenfalls “zahlreiche Hinweise” darauf, dass die Person auch Insiderinformationen aus dem eigenen beruflichen Netzwerk ausnutzte, um damit “beträchtliche Investitionen und damit verbundene Gewinne” zu erwirtschaften.In welchen Titeln Ziegler sein Unwesen getrieben haben könnte, ist nicht bekannt. In Finanzmarktkreisen kursiert ein Gerücht, der Finanzspezialist habe sich im Vorfeld der 2016 erfolgten Übernahme des Industrieunternehmens Looser durch den Ostschweizer Bauausrüster Arbonia mit Titeln eingedeckt und damit die vom Käufer bezahlte Prämie zum damaligen Börsenkurs von nahezu 40 % eingestrichen.Solche Transaktionen waren Programm des Täters: Er habe vor der Bekanntgabe von Ereignissen wie Übernahmen, positiven Geschäftsergebnissen oder dem Verkauf von Unternehmensteilen Positionen aufgebaut und damit positive Kursverläufe vorweggenommen, schreibt die Finma. Gelegenheiten dazu gab es in der fraglichen Zeit einige. Doch der Verwaltungsrat trachtete auch dann nach der Maximierung seines persönlichen Profits, wenn die Kurse seines Unternehmens fielen.Auch dafür hätte Ziegler bei Charles Vögele einige Gelegenheiten gehabt. Elfmal soll der ehemalige Verwaltungsrat mit Insidergeschäften in sechs verschiedenen Titeln 1,4 Mill. sfr Gewinnen erwirtschaftet haben. Diese Gewinne hat die Finma nun eingezogen. Jetzt droht ein Strafverfahren der Bundesanwaltschaft, das auch mit einigen Jahren Gefängnis enden könnte. Ziegler soll sich, so hört man, irgendwo im Schwarzwald aufhalten. Ob ein Rechtshilfeverfahren mit Deutschland anhängig sei, wollte die Schweizer Bundesanwaltschaft nicht sagen.