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Setzer Favorit für Degenhart-Nachfolge als Conti-Chef

Von Carsten Steevens, Hamburg Börsen-Zeitung, 31.10.2020 Nach der Ankündigung vom vergangenen Donnerstagabend, dass Elmar Degenhart Ende November nach gut elf Jahren von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender zurücktreten werde, will Continental...

Setzer Favorit für Degenhart-Nachfolge als Conti-Chef

Von Carsten Steevens, HamburgNach der Ankündigung vom vergangenen Donnerstagabend, dass Elmar Degenhart Ende November nach gut elf Jahren von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender zurücktreten werde, will Continental die Nachfolge zügig klären. Ziel sei ein möglichst nahtloser Übergang, sagte ein Sprecher des Autozulieferers und Reifenherstellers. Spätestens bis zu den Kapitalmarkttagen vom 10. bis 16. Dezember, bei denen sich das Dax-Unternehmen zur Strategie äußern will, soll klar sein, wer den 61 Jahre alten Konzernchef beerben wird, der sein noch bis 2024 laufendes Mandat aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig niederlegt.Es könnte mit Nikolai Setzer auf einen Kandidaten aus dem eigenen Haus hinauslaufen. Spätestens seit er im April 2019 die Rolle des Board-Sprechers der Automotive-Sparte übernahm, gilt der 49-Jährige als Kronprinz. Setzer ist ein Eigengewächs: Der aus Groß-Gerau stammende Diplom-Wirtschaftsingenieur fing 1997 in der Reifentestabteilung und Reifenentwicklung des Konzerns an. Zeitgleich mit der Berufung Degenharts an die Vorstandsspitze wurde Setzer im August 2009 Vorstandsmitglied, zuständig für das Pkw-Reifengeschäft. Seit 2011 für die komplette Reifensparte zuständig, übernahm er 2015 auch die Verantwortung für den Konzerneinkauf.Ob Setzer Favorit sei, wollte ein Unternehmenssprecher nicht bestätigen. Es gebe “gleichwertige Optionen” mit internen und externen Kandidaten. Konzernbetriebsratschef Hasan Allak betonte aber, angesichts des laufenden Transformationsprogramms und der Coronakrise sei “jetzt nicht die Zeit für Experimente”. Das Unternehmen brauche eine Person an der Spitze, die das Unternehmen sehr gut kenne und die das Vertrauen aller Beteiligten genieße.Conti war mit einer Ad-hoc-Mitteilung über den Abschied Degenharts an die Öffentlichkeit getreten, nachdem die Nachrichtenagentur Bloomberg gut zwei Stunden zuvor unter Berufung auf mit den Vorgängen vertraute Personen über den Rückzug des promovierten Diplom-Ingenieurs und auch über eine nahende Berufung Setzers als Vorstandschef als Teil mehrerer Änderungen im Management berichtet hatte. Die Information über einen Wechsel an der Konzernspitze wurde offenbar nicht von Mitgliedern der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat lanciert, die Ende September die im Zuge der Corona-Pandemie beschlossene Verschärfung von Maßnahmen zur Kostensenkung abgelehnt hatten. Vor allem aufgrund der Produkt- und Absatzkrise in der Autoindustrie und des damit verbundenen Erlös- und Gewinnrückgangs wackeln im Conti-Konzern inzwischen weltweit rund 30 000 Stellen – jeder achte Arbeitsplatz -, davon 13 000 in Deutschland.Spekulationen, die Kapitalseite im Kontrollgremium dringe auf eine Ablösung Degenharts und der Hinweis auf gesundheitliche Themen verschleiere die tatsächlichen Gründe, trat der Konzern entgegen. Bei der mit 46 % an dem Konzern beteiligten Schaeffler-Familie, die auch den gleichnamigen fränkischen Industrie- und Autozulieferer kontrolliert, soll der Conti-Chef, der seinen Posten nach einer existenzbedrohenden Lage des Unternehmens übernommen und in der Folge bis 2018 Wachstum und Schuldenabbau erfolgreich vorangetrieben hatte, unverändert vollen Rückhalt haben.Seit Ankündigung eines tiefgreifenden Konzernumbaus im Januar vor zwei Jahren, mit der Conti auf den Technologiewandel in der Autoindustrie reagierte, geriet das Management infolge von Gewinnwarnungen und Maßnahmen zur Kostensenkung allerdings zunehmend in die Kritik. Betriebsratschef Allak betonte nun, man setze auf eine Vorstandsspitze, “die einen auf langfristigen Erfolg ausgerichteten Kurs einschlägt und nicht kurzfristige Gewinnoptimierung betreibt”.Der Conti-Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Reitzle kündigte eine kurzfristige Entscheidung über die Degenhart-Nachfolge an. In einer Mitteilung bedauerte er die Entscheidung des scheidenden Konzernchefs und würdigte “dessen hervorragende Leistung, sein vorbildliches Führungsverhalten sowie seine großen Verdienste um Continentals langjährige Erfolgsbilanz”. Degenhart gebühre der größtmögliche Dank aller Stakeholder. Der Vorstandschef selbst erklärte, nach bis zuletzt großer Kraftanstrengung zum Wohle des Unternehmens sei ihm “vor kurzem die Bedeutung vor Augen geführt” worden, in der persönlichen Lebensplanung “unverzüglich die Vorsorge für meine Gesundheit in den Vordergrund zu stellen”. Mit seiner “einmaligen Werte- und Netzwerkkultur” habe Conti “auf dem jetzt eingeschlagenen strategischen Weg größte Erfolge vor sich”. Die im Jahresverlauf zuvor um gut ein Fünftel gesunkene Conti-Aktie gab am Freitag zunächst um bis zu 1,9 % nach, ehe sie bei 91,28 Euro um 1,2 % fester aus dem Xetra-Handel ging.