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Slack-CEO schlägt gegen Microsoft zurück

Von Norbert Kuls, New York Börsen-Zeitung, 24.7.2020 Der Anbieter der gleichnamigen Bürokommunikationssoftware Slack hat vor der Europäischen Kommission eine Wettbewerbsbeschwerde gegen Microsoft eingereicht. Hintergrund sind Befürchtungen, dass...

Slack-CEO schlägt gegen Microsoft zurück

Von Norbert Kuls, New YorkDer Anbieter der gleichnamigen Bürokommunikationssoftware Slack hat vor der Europäischen Kommission eine Wettbewerbsbeschwerde gegen Microsoft eingereicht. Hintergrund sind Befürchtungen, dass Microsoft ihrer eigenen Bürosoftware “Teams” einen Vorteil verschafft und so den Markt verzerrt. Die Wettbewerbsbeschwerde gegen den Softwareriesen markiert das Ende des freundlichen Umgangs zwischen zwei Bürokommunikationsdiensten.Stewart Butterfield, Mitbegründer und Vorstandschef des kalifornischen Softwareanbieters Slack Technologies, macht seine Wurzeln für die “freundliche” Unternehmenskultur von Slack verantwortlich, die mit ihrer gleichnamigen Kommunikationsplattform E-Mails aus den Büros dieser Welt verbannen will. Butterfield ist in Kanada aufgewachsen. Seine Schulzeit verbrachte er in Victoria, einer mittelgroßen Stadt in der Westküstenprovinz British Columbia -“am Rande des Kontinents”, wie Butterfield es nennt. Aber seine Freundlichkeit hat Grenzen. Am Mittwoch reichte Slack in Brüssel die Wettbewerbsbeschwerde gegen den großen Konkurrenten Microsoft ein – dessen Hauptquartier in Seattle nur rund 200 Kilometer von Victoria entfernt ist.Kulturell scheint der Abstand aber wesentlich größer: Slack wirft Microsoft nämlich vor, sein Konkurrenzprodukt Teams auf unzulässige Weise in die marktbeherrschende Bürosoftware Office 365 zu integrieren, auf diese Weise Millionen von Kunden zur Installation zu zwingen und eine Entfernung des Programms zu blockieren.Die Beschwerde macht die schon seit längerem anhaltende Kritik Butterfields am Geschäftsgebaren von Microsoft offiziell. Im Januar hatte Butterfield in einem Interview der Börsen-Zeitung gesagt, dass Microsoft unter anderem mit irreführenden Meldungen über Teams-Nutzerzahlen “absichtlich” für negative Stimmung und Skepsis im Markt sorge. “Ein potenzieller Kunde, der keines der Produkte gut kennt, wird sich fragen, ob er in unsere Software investieren soll, wenn er dieses Gerede hört. Das ist unsportliches Verhalten”, sagte Butterfield, der große Chancen im deutschen Mittelstand sieht. Slack hatte im vergangenen Jahr ein Büro in München eröffnet.Microsoft stand anders als andere große Technologiekonzerne zuletzt nicht mehr im Visier von Aufsichtsbehörden. Ende der neunziger Jahre hatten das amerikanische Justizministerium und mehrere US-Bundesstaaten allerdings eine Kartellklage gegen den Softwaregiganten angestrengt, die nach Ansicht von Slack Ähnlichkeiten zum aktuellen Fall hat. “Microsoft fällt in alte Verhaltensweisen zurück”, sagte Slack-Chefjurist David Schellhase. Microsoft wurde damals vorgeworfen, ihre monopolartige Stellung beim Betriebssystem Windows auszunutzen, um den Konkurrenten Netscape vom Markt für Browser zu drängen, also der Software für den Zugang zum Internet. Bremsklotz TeamsMicrosoft lieferte ihren Browser Internet Explorer bei der Installation von Windows automatisch mit. Ein Richter verfügte damals die Zerschlagung von Microsoft. Das Urteil wurde aber nie vollstreckt, weil ein Berufungsgericht die Zerschlagung trotz Kritik an wettbewerbswidrigem Verhalten wieder aufhob. Das ist möglicherweise der Grund, warum Slack in Europa auf eine erfolgreiche Kartellklage hofft. “In den Vereinigten Staaten wäre das Zeitverschwendung”, sagte Butterfield der Börsen-Zeitung. Regulatorische Maßnahmen würden in den USA sofort in ein Berufungsverfahren münden, das sich “unweigerlich Jahre” hinziehen könnte. Die EU-Kommission muss jetzt entscheiden, ob ein formelles Kartellverfahren eingeleitet wird. Microsoft will kooperieren.An der Wall Street gilt Teams als langfristiger Bremsklotz für Slack. “Obwohl Slack kurzfristig von der verbreiteten Heimarbeit profitierte, wird der Schwerpunkt auf dem anhaltenden Kampf mit Microsoft Teams um Marktanteile liegen”, meint Analystin Heather Bellini von Goldman Sachs. Slack habe zwar das beste Angebot bei Bürokommunikation. Aber Teams werde als Teil des Office-Pakets das langfristige Wachstum von Slack behindern. Slack hatte für das Ende April zu Ende gegangene erste Quartal des Geschäftsjahres zwar einen um 50 % auf 202 Mill. Dollar gestiegenen Umsatz ausgewiesen, damit aber die angesichts der Coronakrise hohen Erwartungen von Anlegern enttäuscht. “Es steht außer Frage, dass wir noch stärker wachsen würden, wenn uns nicht der weltgrößte Softwarekonzern zu zerquetschen versuchte”, schrieb Butterfield auf Twitter nach der Beschwerde gegen Microsoft.