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"Slasher Walsh" setzt sich zur Ruhe

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 10.1.2020 Willie Walsh (58) hat seinen Managementstil als "brutal ehrlich" bezeichnet. Er brachte dem Chef der Muttergesellschaft von British Airways (BA) den Spitznamen "Slasher Walsh" ein. Nun hat er...

"Slasher Walsh" setzt sich zur Ruhe

Von Andreas Hippin, LondonWillie Walsh (58) hat seinen Managementstil als “brutal ehrlich” bezeichnet. Er brachte dem Chef der Muttergesellschaft von British Airways (BA) den Spitznamen “Slasher Walsh” ein. Nun hat er angekündigt, sein Amt bei der International Consolidated Airlines Group (IAG) Ende Juni niederzulegen. Sein Nachfolger wird nicht Alex Cruz de Llano a.k.a. “Mr. Frugal”, der ehemalige Chef des Billigfliegers Vueling, dem Walsh das Flaggschiff BA anvertraute und der sich durchaus Chancen auf den Chefsessel ausrechnen durfte. Stattdessen will Walsh die Gruppe Luis Gallego Martín übergeben, der derzeit als Chief Executive von Iberia fungiert. Der Abschied kommt nicht ganz überraschend. “Ich bin jetzt 58, und ich werde nicht mehr auf diesem Posten sein, wenn ich 60 bin”, hatte er bei der Vorstellung von Geschäftszahlen im November vergangenen Jahres gesagt.Der gebürtige Ire, der in einfachen Verhältnissen aufwuchs und nach eigenem Bekunden nie Vorstandschef werden wollte, gilt als Arbeitstier. Und im Gegensatz zu manchem Topmanager der Branche kennt er das Luftfahrtgeschäft in- und auswendig. Mit 17 fing er bei Aer Lingus an, um Pilot zu werden. “Ein vernünftiger Mensch kommt in Verhandlungen nicht weit”, sagte er als Vertreter der irischen Pilotengewerkschaft. Langsam arbeitete er sich bei der Fluggesellschaft nach oben. Zudem erwarb er einen MBA am Trinity College in Dublin. Als er 2001 den Chefsessel übernahm, war Aer Lingus so gut wie zahlungsunfähig. Walsh strich kurzerhand 2 000 Stellen, reduzierte die Zahl der Flugzeugtypen und verkaufte unter anderem die Kunstsammlung der Firmenzentrale. Es habe keinen anderen Weg gegeben, sagte er. “Anpassung oder Tod” seien die Alternativen gewesen.Nachdem sich die irische Regierung als größter Anteilseigner nicht dafür erwärmen konnte, Aer Lingus wie von ihnen gewünscht zu privatisieren, legten Walsh und andere Manager ihre Ämter nieder.Nach einem kurzen Zwischenspiel bei Virgin Atlantic löste er 2005 den allseits beliebten BA-Chef Rod Eddington ab. Walsh zeigte jedoch keinerlei Interesse, Beliebtheitswettbewerbe zu gewinnen. “Ohne Veränderungen wird British Airways einfach nur schrumpfen, schrumpfen und schrumpfen”, sagte er damals. Harte HaltungZu den Herausforderungen, denen sich das Unternehmen stellen musste, gehörten die schwache Konjunktur, steigende Kosten und der zunehmende Wettbewerbsdruck durch Billigflieger wie Ryanair, deren Vorgehen Walsh beim Wettbewerber Aer Lingus bereits aus der ersten Reihe verfolgen durfte, sowie internationale Airlines wie Emirates. Er bezog eine harte Haltung gegenüber den Gewerkschaften, etwa bei einem Streik des Kabinenpersonals, strich Stellen im Management und versuchte, die Produktivität nach oben zu treiben. Vergünstigungen für das Personal wurden nach und nach reduziert, ein Großteil der Pensionsverbindlichkeiten bei Versicherern abgeladen.Nachdem es British Airways nicht geschafft hatte, einen Deal mit Air France, KLM oder einem anderen Partner einzutüten, fädelte Walsh den Zusammenschluss mit der spanischen Iberia ein. Wenig später folgte die Übernahme von Aer Lingus. British Airways war damit die größte Fluggesellschaft in einer paneuropäischen Gruppe. 2011 wurde Walsh CEO der IAG. Die IAG holte sich auch den Billigflieger Vueling. Dank Walsh war IAG schneller in diesem Segment präsent als die Rivalen Air France-KLM und Lufthansa.Zu den Problemen, die er hinterlässt, gehört die wachsende Unzufriedenheit der Kunden. Eine Reihe von IT-Pannen hatte ebenso für Verstimmung gesorgt wie die Entscheidung von BA, Getränke und Speisen künftig nicht mehr kostenlos abzugeben, sondern stattdessen Markenprodukte zu verkaufen. In einer Umfrage des britischen Verbrauchermagazins “Which?” wurde zwar Ryanair zum schlechtesten Kurzstreckenanbieter gekürt. Auf Platz 2 und 3 folgten jedoch die IAG-Airlines Vueling und BA.