Französische Staatskonzerne

SNCF und La Poste warten auf neue Chefs

Eigentlich hätte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron längst neue Chefs für die beiden Staatskonzerne SNCF und La Poste berufen sollen. Der erwartete Sturz der Regierung könnte den Prozess jetzt weiter verzögern.

SNCF und La Poste warten auf neue Chefs

Staatskonzerne SNCF und La Poste warten auf neue Chefs

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von Gesche Wüpper, Paris

Er ist dafür bekannt, sich in Personalfragen gerne mal Zeit zu lassen. Doch nicht nur bei der Wahl eines Regierungschefs lässt die Entscheidung Emmanuel Macrons auf sich warten, sondern auch bei zwei Staatskonzernen. Die SNCF und La Poste haben sich deshalb für Interimslösungen entschieden, für die vorübergehende Verlängerung der bisherigen Chefs: Jean-Pierre Farandou bei der französischen Bahn, Philippe Wahl bei der Post.

Die Berufung ihrer Nachfolger könnte sich jetzt mit dem erwarteten Sturz der Regierung noch länger hinziehen, da die Nominierungen erst von den beiden Parlamentskammern angehört und abgesegnet werden müssen, dann vom Ministerrat. Dabei drängt die Zeit, denn beide haben die Altersgrenze von 68 Jahren erreicht, die in ihren Unternehmen für Generaldirektoren gelten. Farandou hat am 4. Juli seinen 68. gefeiert, Wahl bereits am 11. März letzten Jahres. Wahls Amtszeit war 2020 um weitere fünf Jahre verlängert worden, obwohl klar war, dass er die Altersgrenze 2024 erreichen würde.

Möglicher Interessenkonflikt

Farandou wiederum war von Macron im letzten Jahr zunächst für die Dauer der Olympischen und Paralympischen Spiele verlängert worden. Im Juni dann kündigte er laut Medienberichten intern an, dass der Staat ihn gebeten habe, noch bis zum Herbst zu bleiben. Hintergrund soll ein möglicher Interessenkonflikt sein, der die sofortige Nominierung seines Nachfolgers verhindert. Denn als Favorit für den Posten an der Spitze der SNCF wird Jean Castex gehandelt, der Chef der Pariser Nahverkehrsbetriebe RATP.

Der 60-Jährige war nach seiner Zeit als Premierminister von August bis November 2022 kurze Zeit Vorsitzender der für Finanzierungen von Transportinfrastrukturen zuständigen Agence pour le financement des infrastructures de transports de France (Afitf), bevor er das Lenkrad des Pariser Metro-Betreibers übernahm. Damit es bei der SNCF keinen Interessenkonflikt gäbe, müssten mindestens drei Jahre seit dem Amt bei der Afitf verstrichen sein, schreibt die Wirtschaftszeitung „Les Echos“.

Öffnung für die Konkurrenz

Außerdem spreche die Liberalisierung der Buslinien im Großraum Paris dafür, dass Castex noch ein wenig bei der RATP bleibe, um die Veränderung vorzubereiten. Bisher hatte der Metro-Betreiber das Monopol für die Buslinien, doch jetzt wurden einige an Konkurrenten wie Transdev, Keolis und ATM aus Italien vergeben. Die Öffnung für die Konkurrenz ist auch bei der SNCF eines der wichtigsten Themen, die den Nachfolger von Farandou erwarten. Im Hochgeschwindigkeitsverkehr werben bereits Renfe aus Spanien und Trenitalia um Kunden in Frankreich. Weitere Anbieter stehen in den Startlöchern. Dazu kommen mehrere Regionen, die Zugverbindungen liberalisieren.

Neben Castex gelten auch Xavier Piechaczyk, der Chef der Stromübertragungsgesellschaft RTE, und Keolis-Chefin Marie-Ange Debon als Kandidaten für die Nachfolge des SNCF-Chefs. Im Gegensatz zur Deutschen Bahn sind Verspätungen zumindest bei TGV-Verbindungen selten. In Südfrankreich werden jedoch gerne mal Regionalbahnen bestreikt. Die wichtigste Aufgabe, die seinen Nachfolger erwarte, sei jedoch die Instandhaltung des Schienennetzes, sagte Farandou „Les Echos“. Die SNCF, die 2024 einen Gewinn von 1,6 Mrd. Euro verbucht hat, investiere jedes Jahr 3 Mrd. Euro in das Netz, doch nach Ansicht von Experten seien 4,5 Mrd. Euro notwendig.

La Poste-Chef Philippe Wahl Foto: picture alliance/ Raphael Lafargue/ABACAPRESS.COM

Auch bei La Poste, in deren Verwaltungsrat Farandou seit Juni sitzt, müssen die Weichen für die Zukunft der öffentlichen Missionen der Post gestellt werden, vor allem bei den Post- und Finanzdienstleistungen. Nachdem Stéphane Dedeyan, der Chef der Banque Postale, seine Kandidatur zurückgezogen hat, gilt die stellvertretende Generaldirektorin Nathalie Collin als Favoritin für die Nachfolge Wahls. Der La Poste-Chef, der früher Banker war, ist aktuell noch Verwaltungsratschef, hat aber Ende Juni die operative Geschäftsführung erstmal Philippe Bajou überlassen, einem anderen stellvertretenden Generaldirektor.