Zweitgrößter Aktionär

Softbank-Kronprinz im Telekom-AR

Der 50-jährige Raul Marcelo Claure wird künftig für Softbank einen Sitz im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom einnehmen. Der US-Amerikaner bolivianischer Abstammung arbeitet von Floridas Hauptstadt Miami aus.

Softbank-Kronprinz im Telekom-AR

Von Martin Fritz, Tokio

Die Aufsichtsräte der Deutschen Telekom müssen in ihren Sitzungen künftig Englisch sprechen oder einen Dolmetscher engagieren. Denn wenn Softbank Group demnächst 4,5% der Anteile besitzt und damit zum zweitgrößten Aktionär des deutschen Marktführers aufsteigt, erhält der 50-jährige Raul Marcelo Claure einen Sitz im Aufsichtsrat (AR). Der US-Amerikaner bolivianischer Abstammung spricht nur Englisch und Spanisch und arbeitet von Floridas Hauptstadt Miami aus.

Möglicher Son-Nachfolger

Claure sitzt an so vielen Softbank-Schaltstellen, dass er immer wieder als Nachfolger von Konzerngründer Masayoshi Son gehandelt wird. Als COO der japanischen Holding und CEO von Softbanks Auslandsgeschäften überwacht er seit Juni 2018 das Tagesgeschäft und die Umsetzung der Strategie. Zugleich entscheidet er im Investment-Komitee mit darüber, in welche jungen Tech-Unternehmen das Softbank-Geld fließt. Den Lateinamerika-Fonds mit 5 Mrd. Dollar leitet er allein, ebenso den „Opportunity Fund“ für „Entrepreneurs of Color“ in den USA mit 100 Mill. Dollar Kapital. Außerdem agiert der Tausendsassa als Chairman der US-Investmentbank For­tress, die Softbank gehört, und leitet die Sanierung des Büroflächenvermieters Wework.

Der Sohn eines bolivianischen Di­plomaten wuchs in La Paz auf und ging im Alter von 19 Jahren zum Studium in die USA. Am Bentley College in Massachusetts absolvierte er ein Bachelor-Studium in Wirtschaft und Finanzen. Zunächst war er für Boliviens Fußballverband tätig, danach kaufte er den US-Mobilfunkvertragshändler USA Wireless. Nach Expansion und Verkauf sowie einer Zwischenstation gründete er 1997 in Miami das Unternehmen Brightstar, das auf Vermittlungen, Versicherungen und Finanzdienste im Mobilfunksektor setzte. Seine Verbindung zu Japan entstand 2013, als Softbank für 70% von Brightstar 1 Mrd. Dollar zahlte. Anschließend beförderte Son seinen neuen Partner zum CEO des US-Mobilfunkers Sprint, den er gerade für 20 Mrd. Dollar erworben hatte.

Geschäftssinn bewiesen

Zwar misslang Claure die ur­sprünglich geplante Übernahme von T-Mobile US – stattdessen wurde Sprint geschluckt –, aber immer wieder stellte der Lateinamerikaner seinen Geschäftssinn unter Beweis. Als Bonus für den Sprint-Verkauf erhielt er zehn Millionen Anteile im Wert von 66 Mill. Dollar. Zudem erwarb er fünf Millionen T-Mobile-Aktien per Kredit von Softbank. Im Februar 2020 bewilligte ihm Softbank einen Kredit von 250 Mill. Dollar für den Kauf von Konzernaktien. Angeblich verließ er den Verwaltungsrat Ende 2020, um den Gewinn aus diesem Geschäft nicht veröffentlichen zu müssen.

Mit 1,8 Mrd. Yen (13,8 Mill. Euro) war Claure im Vorjahr auch der Manager mit dem zweithöchsten Gehalt in Japan. Derzeit lässt der sechsfache Vater eine neue Villa in Miami bauen. Sein altes Anwesen hat er im Juli für 32,3 Mill. Dollar an den Co-Gründer des Beteiligungsfonds Apollo, Josh Harris, verkauft.