Immobilienfinanzierer

Starbanker Mustier wird neuer Chairman der Aareal Bank

Ex-Unicredit-Chef Jean Pierre Mustier wird nach der Hauptversammlung 2024 als Nachfolger von Hermann Wagner Aufsichtsratschef beim Wiesbadener Immobilienfinanzierer Aareal Bank.

Starbanker Mustier wird neuer Chairman der Aareal Bank

Starbanker Mustier wird neuer Chairman der Aareal Bank

Von Gerhard Bläske, Mailand

Es ist ein echter Coup, den der börsennotierte Wiesbadener Immobilienfinanzierer Aareal Bank da landet. Denn der Aufsichtsrat hat mit Jean Pierre Mustier (62) einen echten Starbanker zum Nachfolger von Hermann Wagner als Vorsitzenden des Gremiums gewählt. Wagner bleibt noch so lange an der Spitze, bis die EZB ihre Zustimmung erteilt hat.

Mustier ist in den vergangenen Jahren immer wieder für Spitzenposten wie etwa bei der HSBC, der Société Générale (SocGen), UBS oder früher der Credit Suisse gehandelt worden und sanierte von 2016 bis 2021 als CEO die HVB-Mutter Unicredit. Wagner begrüßte seine Bestellung: “Sein großer Erfahrungsschatz wird der Aareal Bank Gruppe enorm zugutekommen und das Diversitäts- und Kompetenzprofil des Aufsichtsrats weiter stärken”, sagte er nach der Zustimmung des Aufsichtsrats.

Besessen von Compliance-Themen

Der Franzose, Absolvent der Eliteschulen École Polytechnique und École des Mines, startete seine Karriere 1987 bei der SocGen. Er war für das Institut in Paris, Philadelphia, Hongkong, Tokio und London tätig und wäre wohl auch bei der französischen Bank geblieben, wenn er nicht über den Skandal um den Trader Jérôme Kerviel gestolpert wäre, der 4,9 Mrd. Euro verzockt hatte. Mustier, dem keine persönliche Schuld nachzuweisen war, war als oberster Chef der Investmentsparte Kerviels Vorgesetzter und zog die Konsequenzen: Er trat 2009 zurück. Ein harscher Karriereknick. Seitdem war Mustier besessen von Compliance-Themen, sagt ein ehemaliger Mitarbeiter. Der gertenschlanke, asketisch wirkende Hobby-Segler und Vater von zwei erwachsenen Kindern, der in London und Paris lebt, startete bald wieder durch. Nachdem er kurzzeitig als Berater Mittel für Nichtregierungsorganisationen wie Fair Trade eingeworben hatte, ging es für Mustier schon bald wieder zu einer großen Bank. Von 2011 bis 2014 leitete er das Investment Banking von Unicredit und kehrte nach einer Zwischenetappe als Partner von Tikehau Capital in London schon 2016 nach Mailand zurück. Dort übernahm er ein Himmelfahrtskommando bei dem Institut, das Verluste in zweistelliger Milliardenhöhe schrieb. “Es gab ein Systemrisiko”, sagte er später einmal.

Mustier hat Unicredit saniert

Mit einem harten Sanierungskurs, dem Abbau von mehr als 20.000 Arbeitsplätzen, einer gigantischen Kapitalerhöhung um 13 Mrd. Euro sowie einer Vielzahl von Verkäufen wie der Pekao Bank in Polen, der Assetmanagement-Gesellschaft Pioneer Investments an Amundi oder der Beteiligungen an der Bank Fineco und der Mediobanca gelang es ihm, das schwer angeschlagene Institut vor dem Konkurs zu retten. Geholfen hat ihm sicher, dass er als Nichtitaliener keine Rücksicht auf alte Seilschaften nehmen musste und dass er – zumindest solange es keine Alternative zu seiner Strategie gab – freie Hand bei der Führung der Bank aus dem 28. Stock des Mailänder Wolkenkratzers hatte, in dem das Institut seinen Sitz hat.

Er selbst ging mit gutem Beispiel voran, verzichtete auf Teile seines Gehalts, lebte unter der Woche in einem kleinen Dienstappartement, fuhr einen Fiat 500 als Dienstwagen, verkaufte das Firmenflugzeug und flog bei Dienstreisen in der Economy-Klasse. Als ehemaliger Fallschirmspringer habe er gelernt, durch das eigene Vorbild zu führen: “Das verlangt viel Selbstdisziplin. Man darf sich keine Fehler erlauben”, sagte er einmal der Börsen-Zeitung.

Im Dezember 2020 kündigte er an, das Institut “wegen strategischer Differenzen mit dem Verwaltungsrat” verlassen zu wollen: Im Februar 2021 ging er. Mustier wehrte sich gegen den Wunsch der Regierung, die angeschlagene Bank Monte dei Paschi di Siena zu übernehmen, die dann allerdings auch sein Nachfolger Andrea Orcel nicht wollte. Differenzen gab es aber auch über Pläne, das Auslandsgeschäft in eine Sub-Holding in Deutschland auszugliedern, um im Fall eines deutlichen Spread-Anstiegs mit deutlich höheren Zinsen in Italien Funding-Kosten reduzieren zu können.

Für Spitzenposten im Gespräch

Auch nach seiner Zeit bei Unicredit war Mustier, der 2018 Banker des Jahres war und von 2019 bis 2021 der European Banking Federation vorstand, immer wieder für Spitzenposten in der Branche im Gespräch. Zuletzt machte er Schlagzeilen, als er mit Bernard Arnault, Chef und Großaktionär des Luxusgüterkonzerns LVMH, das größte europäische Spac Pegasus Europe auf den Weg brachte und rund 500 Mill. Euro bei Kapitalgebern einsammelte. Doch nachdem er bei der Suche nach Übernahmeobjekten nicht erfolgreich war, musste er Pegasus abwickeln. Nun wartet bei Aareal eine gänzlich andere Aufgabe auf Mustier.

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