PERSONEN

Steht Volkswagen bald ohne Entwickler da?

Von Peter Olsen, Frankfurt Börsen-Zeitung, 25.9.2015 Der Aufsichtsrat von Volkswagen will wegen des Dieseldebakels reinen Tisch machen und hat "weitere personelle Konsequenzen" in den nächsten Tagen angekündigt. Nachdem mit Martin Winterkorn der...

Steht Volkswagen bald ohne Entwickler da?

Von Peter Olsen, FrankfurtDer Aufsichtsrat von Volkswagen will wegen des Dieseldebakels reinen Tisch machen und hat “weitere personelle Konsequenzen” in den nächsten Tagen angekündigt. Nachdem mit Martin Winterkorn der langjährige Vorstandschef den Weg zum personellen Neuanfang frei gemacht hat, richtet sich nun der Blick natürlich vor allem auf die Manager, die im Konzern maßgeblich die Entwicklung verantworten. Drei Manager im VisierSo nimmt es nicht Wunder, dass besonders drei Personen ins Visier geraten. Da ist als prominentester Name Dr. Ulrich Hackenberg zu nennen, der einst Winterkorn von Audi zu Volkswagen nach Wolfsburg folgte und als Konzernentwickler vor allem für den modularen Querbaukasten (MQB) verantwortlich zeichnete. Immer mehr Konzernmodelle sollen von der MQB-Basis aufgebaut werden und so über große Stückzahlen Kosten sparen helfen. Hackenberg, Jahrgang 1950, wurde 2013 wieder zu Audi geschickt, weil die Produktpolitik und das fehlende Elektromobilitätskonzept dort dringenden Korrekturbedarf signalisierten. Letztlich war “Hacki” im Gesamtkonzern für die Entwicklung zuständig. Bei Audi war er für den modularen Längsbaukasten (MLK) zuständig und verantwortete die Entwicklung von Audi 80, A3, A4 und TT.Als sehr wahrscheinlich gilt auch ein Ausscheiden von Wolfgang Hatz, der Entwicklungsvorstand bei Porsche ist, in seiner Karriere aber zuvor lange Zeit oberster Motorenentwickler bei Volkswagen war. Vor allem dem 56-Jährigen dürfte also große Verantwortung für die illegale Umgehung der Abgasvorgaben mit Diesel-Pkw in den USA zufallen. Als er vor vier Jahren nach Zuffenhausen kam, blieb er Chef der VW-Aggregate-Entwicklung. Schon damals löste diese Doppelaufgabe Stirnrunzeln aus, zudem traf er als Vertrauter Winterkorns bei den damals noch sehr auf weitgehende Eigenständigkeit bedachten Porsche-Leuten auf Misstrauen. Wie Hackenberg zählte auch Hatz einst bei Audi zum Winterkorn-Zirkel.Als möglicher dritter Rücktrittskandidat wird der aktuelle VW-Entwicklungschef Dr. Heinz-Jakob Neußer gehandelt. Der 55-Jährige trat Mitte 2013 in Wolfsburg die Nachfolge Hackenbergs an. Seit 2011 war er aber für die Aggregate-Entwicklung des Konzerns zuständig; die gleiche Rolle hatte er früher auch bei Porsche inne. Möglicherweise geht aber der Kelch doch an ihm vorüber, denn die im “Dieselgate” inkriminierten 4-Zylinder-Dieselmotoren wurden vor seiner Bestellung bei VW entwickelt.Müssten doch alle drei Chefentwickler im Konzern gehen, würde das laufende Projekte möglicherweise bremsen. Neue Konzepte aber würden erst dann angegangen werden können, wenn die Vakanzen mit entsprechend qualifiziertem Personal wieder gefüllt würden.Spekuliert wird auch, ob der US-Statthalter von Volkswagen, Michael Horn, der zu Wochenbeginn in New York die aktualisierte Version des US-Passat vorstellte und das Dieseldebakel mit dem Spruch “Wir haben es total verbockt” umschrieb, seinen Posten räumen muss. Sollte der 53-Jährige, der erst seit Anfang 2014, als Volkswagen schon Absatzprobleme in den Vereinigten Staaten hatte, USA-Chef ist, gehen müssen, könnte der aktuelle Skoda-Chef Winfried Vahland über den großen Teich wechseln, heißt es.