Trennungsdrama bei Paramount

Streaming-Anbieter kämpfen um Serienschöpfer

Die Trennung zwischen Taylor Sheridan und Paramount zeigt die Tücken des Streaming-Wettbewerbs. Denn Anbieter sind zwar auf ihre Showrunner angewiesen, ringen zugleich aber um Kostenkontrolle.

Streaming-Anbieter kämpfen um Serienschöpfer

Streaming-Anbieter kämpfen um Serienschöpfer

Von Alex Wehnert, New York

Der Bruch einer Hollywood-Traumbeziehung treibt derzeit auch Finanzinvestoren um. Denn Taylor Sheridan, Schöpfer von Erfolgsserien wie dem Neo-Western „Yellowstone“, verlässt Paramount Skydance mit Ende seines Vertrags 2029 und schließt sich NBC Universal an, wie Ende Oktober bekannt wurde. Sein neuer Fünfjahresvertrag könnte für den heute 55-Jährigen bis zu 1 Mrd. Dollar wert sein – je nachdem, wie seine neuen Projekte beim Publikum abschneiden. Schon ab 2026 könnte er Filme für NBC Universal konzipieren, in etwas mehr als drei Jahren dann auch Fernsehserien.

Anfänge als Schauspieler

Für Paramount ist der Wechsel des in North Carolina geborenen und in Texas aufgewachsenen Kreativkopfs ein harter Schlag. Vorzeige-Produzent Sheridan, der seinen Start in der Branche als Schauspieler in Nebenrollen zahlreicher Fernsehserien wie „Sons of Anarchy“ hinlegte, wechselte nach seinem 40. Geburtstag in die Autorenrolle. Mit dem Drehbuch zum Action-Krimi „Sicario“ schaffte er den Durchbruch, dem er das Oscar-prämierte Bankräuberdrama „Hell or High Water“ folgen ließ. Mit zunehmender Popularität will der Serienschöpfer, der in seiner Kindheit bei häufigen Besuchen einer Familienranch die Freiheit des Cowboy-Daseins kennenlernte, laut Insidern aber weniger und weniger Kontrolle über seine Produktionen abgeben.

Dies passt aber offenbar schlecht mit den Vorstellungen des neuen Paramount-CEO David Ellison zusammen. Der Sohn von Oracle-Gründer und Milliardär Larry Ellison übernahm bei dem Medienkonglomerat nach Abschluss des Mergers mit seiner Holding Skydance im August die Leitung und ringt seither um Einsparungen. Ende Oktober begann der Konzern mit den ersten von insgesamt rund 2.000 Entlassungen. Durch die geplante Kürzung der Belegschaft um insgesamt rund 10% will Ellison dazu beitragen, in Aussicht gestellte Einsparungen von 2 Mrd. Dollar zu erreichen und somit Mittel für Investitionen freizuschlagen, die das Geschäft beleben sollen.

Konflikte um Skripte und Budgets

Der Vorstandschef, der Skydance mit Unterstützung seines Vaters sowie den Private-Equity-Gesellschaften KKR und Redbird aufbaute, gilt selbst als talentierter Produzent. Er sei offen dafür gewesen, Sheridan in seinen engeren Kreis aufzunehmen, heißt es von Insidern. Doch habe die alte Konzernführung den Serienschöpfer mit zu viel Ehrerbietung behandelt. Dass der Neu-CEO plötzlich kritischere Fragen zu Skripten und Budgets stellt, schmeckt Sheridan offenbar nicht.

CEO David Ellison arbeitet daran, das Streaming-Geschäft von Paramount profitabel zu machen.
CEO David Ellison arbeitet daran, das Streaming-Geschäft von Paramount profitabel zu machen.
picture alliance / Evan Agostini/Invision/AP | Evan Agostini

Das Trennungsdrama zeigt, auf welch schmalem Grat Manager von Streaming-Diensten im Umgang mit ihren Produzenten wandeln. Sie müssen die Kosten kontrollieren, ohne Showrunner vor der Kopf zu stoßen, die laut Analysten wohl mehr Macht besitzen denn je. Denn Sender und Videodienste stehen unter Druck, exklusive Inhalte zu produzieren, um wankelmütige Zuschauer in Abonnements zu locken und dort zu halten. Funktioniert ein Konzept, sollen die Köpfe hinter Erfolgsshows schnell neue Serien liefern.

Wie sich daraus ein Geschäftsimperium bauen lässt, haben Showrunner wie Shonda Rhimes schon während des goldenen TV-Zeitalters in den ersten beiden Dekaden dieses Jahrtausends vorgemacht. Die Schöpferin von „Grey‘s Anatomy“ entwickelte mit „Private Practice“ nicht nur schnell ein erfolgreiches Spin-off der Kult-Krankenhausserie, sondern ließ weitere Hits wie „Scandal“ und „Bridgerton“ folgen – und ist mit ihrer Produktionsfirma „Shondaland“ keineswegs an einen Sender gebunden. Zwar verbindet sie eine langjährige Partnerschaft mit ABC, zuletzt war sie aber auch erfolgreich für Netflix aktiv.

Harter Wettbewerb

Letztgenannter Streaming-Pionier hat seine Dominanz mit der jüngsten Quartalsvorlage im Oktober einmal mehr unter Beweis gestellt. Paramount hinkt indes weit hinter dem Primus her. Das Medienkonglomerat greift kurz nach seinem eigenen Merger mit Skydance schon wieder nach der Konkurrentin Warner Bros. Discovery – auch, um sein Angebot an Video-on-Demand-Inhalten auszubauen.

Letztgenannter Konzern wies eine dritte Offerte des Rivalen über 24 Dollar je Aktie unlängst zurück, zieht gemäß Mitteilung von Mitte Oktober aber durchaus einen Verkauf in Betracht. Mehrere Interessenten hätten bereits vorgefühlt, laut „CNBC“ sollen darunter auch Netflix und Comcast, die Mutter von Sheridans neuem Auftraggeber NBC Universal, sein. Möglich also, dass der Cowboy unter den Serienschöpfern künftig auch für den Warner-Streamingdienst HBO Max schreibt, der bei seinem Noch-Chef Ellison Begehrlichkeiten geweckt hat.