Tennet-Investments sind für Nicolai Tangen nur Peanuts
Gerade ist ein milliardenschweres Investment beim Netzwerkbetreiber Tennet Deutschland bekannt geworden – für den norwegischen Staatsfonds, für den das Norges Bank Investment Management (NBIM) zuständig ist, sind das aber eher Peanuts. Denn mit rund 1,65 Bill. Euro unter Verwaltung ist der Staatsfonds aus dem Norden Europas der größte Vermögensverwalter der Welt. Als Kasse für die Öl- und Gaseinnahmen des Landes hält er Beteiligungen an über 8.600 Unternehmen in 63 Ländern – darunter etwa 1,5% aller börsennotierten Aktien weltweit. Geführt wird die für den Fonds verantwortliche NBIM von Nicolai Tangen.
Seit 2020 ist der 59-Jährige Chef des Staatsfonds, am 1. September hat seine zweite fünfjährige Amtszeit begonnen. „Die Arbeit an der Wertschöpfung für die Gemeinschaft ist das Erfüllendste, was ich je getan habe. Ich freue mich daher sehr über das erneute Vertrauen und darauf, gemeinsam mit meinen talentierten Kollegen weitere Jahre zu erleben“, hatte Tangen bei Bekanntgabe der Verlängerung im Frühjahr gesagt. Auf LinkedIn hatte er ein Video gepostet, in dem er eine Zähluhr für die verbleibenden Tage als Chef des größten Staatsfonds der Welt von 167 auf 1.992 Tage verstellt hatte. Überhaupt scheut der Manager anders als viele Kollegen aus der Fondsbranche die Öffentlichkeit nicht. Er gibt Interviews, ist Gastgeber für einen Podcast („In good company“), in dem er mit Spitzensportlern, Psychologen und Managern der größten Unternehmen der Welt plaudert, und hat ein Buch geschrieben – eigentlich über Management, aber eigentlich auch über sich.
In der Sinnkrise
Bevor Tangen, der Finanzwesen, Kunstgeschichte und Sozialpsychologie studiert hat, 2020 beim Staatsfonds anheuerte, hatte er eine steile Karriere als Hedgefonds-Manager hingelegt. Mit seinem eigenen Fonds schaffte er es in die Fortune-Liste der 100 mächtigsten Wirtschaftsführer der Welt. Wie der Manager es gegenüber norwegischen Medien beschrieb, geriet er irgendwann in eine Sinnkrise. Er hatte alles: Geld, Häuser, Yachten und wollte mehr, nämlich etwas Sinnvolles tun. Also bewarb er sich um den Posten als Chef des Government Pension Fund Global.
In dieser Position kann man allerdings zuweilen auch in schwere See geraten. Zuletzt hatte es in Norwegen einen Aufschrei gegeben, weil laut Medienberichten der staatliche Pensionsfonds auch an israelischen Rüstungsunternehmen beteiligt ist. Hat Norwegen deshalb Israels Krieg in Gaza mitfinanziert? Postwendend gab Tangen bekannt, dass man Anteile an elf israelischen Firmen verkauft habe. Norwegens Finanzminister Jens Stoltenberg begrüßte das und mahnte zum wiederholten Mal an, der Ölfonds habe ethischen Richtlinien zu folgen. Laut derer könne er nicht in Firmen investieren, die an Völkerrechtsbrüchen von Staaten beteiligt seien.
Im Clinch mit Musk
Für Aufsehen hatte im Frühjahr auch die Auseinandersetzung zwischen Tangen und Elon Musk gesorgt. Auslöser des Clinchs war eine Abstimmung auf einer Tesla-Hauptversammlung. Der Staatsfonds hält mehr als 1% der Tesla-Aktien und stimmte gegen den Vorschlag des Managements, Musk ein Gehaltspaket von 50 Mrd. Euro zu zahlen. Wie das zum Zoff zwischen den beiden geführt hat, zeigen SMS-Nachrichten, die von norwegischen Journalisten veröffentlicht wurden. Tangen lud demnach Musk auf eine Konferenz des Staatsfonds nach Oslo ein. Musk sagte ab. Die Begründung: „Ein Freund ist nur, wer handelt, wie ein Freund“. Der Tesla-Chef dürfte auf das Abstimmungsverhalten des Fonds anspielen. „Wenn ich dich ausnahmsweise um einen Gefallen bitte und du ablehnst, dann solltest du mich nicht um einen Gefallen bitten, bevor du irgendetwas zur Wiedergutmachung unternommen hast“, heißt es demnach weiter. Da Tangen als Behördenchef besonderen Transparenzpflichten unterliegt, wurde die SMS-Konversation öffentlich.