Nachfolge von Jerome Powell

Trump-Loyalist Hassett Favorit für Chefsessel bei der Fed

Kevin Hassett, Direktor des National Economic Council (NEC) und ein enger Berater von US-Präsident Donald Trump, gilt als Favorit für den Spitzenjob bei der Federal Reserve.

Trump-Loyalist Hassett Favorit für Chefsessel bei der Fed

Trump-Loyalist Hassett Favorit für Chefsessel bei der Fed

Von Peter De Thier, Washington

Der Nationalökonom Kevin Hassett (63), seit Jahren ein loyaler Verbündeter von US-Präsident Donald Trump, hat Regierungskreisen zufolge besten Chancen, nächster Vorsitzender der Federal Reserve zu werden. Sicher ist, dass der konservative Akademiker versuchen würde, aggressive Zinssenkungen durchzusetzen. Dabei würden die Inflationsrate und Schwäche am Arbeitsmarkt unter seiner Ägide nur eine untergeordnete Rolle spielen. Denn wie auch Trump zweifelt der amtierende Chef des National Economic Council (NEC) schon seit Jahren an der Glaubwürdigkeit amtlicher Wirtschaftsdaten.

Zweifel an amtlichen Wirtschaftsdaten

Während seiner ersten Amtszeit berief Trump den Volkswirt an die Spitze des Council of Economic Advisers (CEA). Schon 2018 demonstrierte Hassett seine Abneigung gegenüber offiziellen Konjunkturdaten. So meinte sein Chef, dass die vom Bureau of Labor Statistics (BLS) gemeldeten Lohnsteigerungen „falsch“ seien. Der CEA-Direktor meldete sich prompt zu Wort. „Über die korrekte Messung der Löhne herrscht Verwirrung“, verteidigte er Trumps Revisionismus.       

2019, zwei Jahre nach seinem Amtsantritt, nahm Hassett überraschend den Hut. Neun Monate später trat er aber wieder ins politische Rampenlicht. Der Präsident ernannte ihn im März 2020 zum Sonderberater für die ökonomische Handhabung der Corona-Pandemie. Er entwickelte ein Modell, das die späteren Folgen der Gesundheitskrise deutlich unterschätzte. Unter anderem meinte er, dass die Zahl der Todesopfer Mitte April ihren Höhepunkt erreichen würde. Einen Monat später würde die Pandemie keine Menschenleben mehr fordern, unterstellte Hassetts Theorie. Wegen dieser irrtümlichen Prognosen forderte er ein sofortiges Ende der Lockdowns, bevor die Krise ihren Höhepunkt erreicht hatte.

Chefökonom des Präsidenten

Wenige Wochen nach seinem zweiten Wahlsieg im vergangenen Jahr holte Trump seinen Verbündeten wieder an Bord. Diesmal als Chef des National Economic Council (NEC). Damit ist Hassett faktisch der Chefökonom des Weißen Hauses. Vom ersten Tag an kursierten Gerüchte, wonach der neu gewählte Präsident den Ökonomen wohl zum Nachfolger von Fed-Chair Jerome Powell ernennen würde. Dessen zweite Amtsperiode läuft im Mai 2026 ab. Die Hinweise verdichteten sich, als Trump den White-House-Ökonomen Stephen Miran für einen vakanten Sitz im Fed-Vorstand nominierte. Für Hassett, den er schon wesentlich länger kannte, wolle der Präsident den Chefsessel freihalten, hieß es. 

In dieser Rolle hat Hassett nicht enttäuscht, im Gegenteil. Er soll eine der treibenden Kräfte hinter der Entlassung der BLS-Chefin Erika McEntarfer gewesen sein. Sie musste den Hut nehmen, weil Trump mit den Arbeitsmarktdaten nicht einverstanden war. Auch macht der NEC-Direktor keinen Hehl daraus, dass er an der Spitze der Fed anders vorgehen würde. Powell und seine Vorstandskollegen würden sich mit Zinssenkungen zu viel Zeit lassen, meint er. 

Andere inoffiziell im Rennen

Der Präsident könnte noch vor Jahresende bekanntgeben, wer den Zuschlag für den Spitzenjob bei der Federal Reserve bekommen soll. Neben Hassett sind inoffiziell das derzeitige Vorstandmitglied Christopher Waller und der Investmentbanker Kevin Warsh im Rennen. Warsh gehörte von 2006 bis 2011 dem Notenbankvorstand an. Er spielte eine zentrale Rolle bei der Handhabung der Finanzkrise und Weltrezession.

Hassett promovierte an der University of Pennsylvania. Später hatte er einen Lehrstuhl als Assistenzprofessor für Volkswirtschaft an der renommierten Columbia University in New York. Er arbeitete auch als Ökonom bei der US-Notenbank. Zudem war Hassett Wirtschaftsberater in den Finanzministerien der Präsidenten George H.W. Bush und Bill Clinton. Später beriet er die republikanischen Präsidentschaftskandidaten John McCain und Mitt Romney in Wirtschaftsfragen.

Interview vor Trumps Wahlsieg

Während seiner Zeit bei dem konservativen Think-Tank American Enterprise Institute gab Hassett der Börsen-Zeitung ein Exklusivinterview. In dem Gespräch, das wenige Wochen vor Trumps Wahlsieg im November 2016 stattfand, verteidigte er die Positionen des Republikaners. Insbesondere stemmte er sich gegen Kritik an Trumps geplanten Steuersenkungen und der Deregulierung der Finanzmärkte.