Von Antje Kullrich, DüsseldorfUnruhe beim Kölner Verlagshaus Bastei Lübbe: Der komplette dreiköpfige Aufsichtsrat legt sein Amt nieder. Zur Hauptversammlung in sechs Wochen wollen Chefkontrolleur Dr. Friedrich Werle (64), Prof. Dr. Michael Nelles und Prof. Dr. Gordian Hasselblatt abtreten. “In den vergangenen Wochen hat der Aufsichtsrat den Eindruck gewonnen, dass die Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Wahrnehmung des Mandats nicht mehr gegeben ist”, ließ sich Wehrle in einer Mitteilung zitieren.Tatsächlich geht es bei dem börsennotierten Verlag, der Bestseller-Autoren wie Dan Brown und Ken Follett zu seinen Autoren zählt, derzeit turbulent zu. Bei der Bilanzvorlage Ende Juni musste der Vorstand einräumen, dass die vehement vorangetriebene Digitalstrategie des Unternehmens deutliche Spuren im Ergebnis hinterlassen hat. Dabei hievte nur ein erneuter hoher Sonderertrag aus der Neubewertung der Spieleentwicklungstochter Daedalic Entertainment den Gewinn noch nach oben. Er wäre sonst um zwei Drittel geringer ausgefallen. Schon im Jahr zuvor hatte ein Sonderertrag das Ergebnis getrieben. Damals hatte Bastei Lübbe Anteile an einer anderen Digitaltochter, der E-Book-Plattform Oolipo, verkauft und eine hohe Bewertung erzielen können. Erwerber in beiden Fällen war die Londoner Gesellschaft Blue Sky Tech Ventures.Gut zwei Wochen später spitzte die “Wirtschaftswoche” die Geschichte zu, sprach von kreativer Bilanzierung und schrieb, es deute vieles darauf hin, dass Blue Sky eine Briefkastenfirma sei. Das Magazin hinterfragte zudem einen möglichen Interessenkonflikt von Aufsichtsratsmitglied Nelles, der den Kontakt zu Blue Sky hergestellt haben soll und bei Kapitalmarkttransaktionen des Verlags immer wieder als Berater engagiert worden sein.Bastei Lübbe reagierte prompt. In einer auf den Webseiten des Unternehmens veröffentlichten Stellungnahme bezeichnete der Vorstand die Vorwürfe geschönter Zahlen als substanzlos. Sämtliche Bilanzierungsmaßnahmen seien durch IFRS verbindlich vorgeschrieben und von den Wirtschaftsprüfern der KPMG überprüft und testiert worden. Interessenkonflikte von Aufsichtsratsmitgliedern wurden verneint.Doch dieser Ansicht schlossen sich nicht alle an. Die Investoren reagierten zuletzt mehr und mehr verunsichert. Der Aktienkurs, der Anfang Juni noch bei knapp 8 Euro lag, ist mittlerweile auf 6,10 Euro abgerutscht. Institutionelle machen Druck”Es gab gerade aus dem Bereich der institutionellen Investoren Kritik an den Compliance-Themen im Zusammenhang mit dem Aufsichtsrat”, gab eine Unternehmenssprecherin am Dienstag auf Anfrage zu. Aus diesem Grund habe der Aufsichtsrat sich zum Rücktritt entschlossen, um Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Bastei Lübbe habe mit den Firmen von Nelles und Hasselblatt zusammengearbeitet. Nelles ist Vorstandschef des Beratungsunternehmens Conpair, Hasselblatt (Jahrgang 1961) Partner bei CMS Hasche Sigle. Auch wenn diese Tätigkeiten rechtlich vollkommen in Ordnung seien, wolle das Kontrollgremium Spekulationen vorbeugen, sagte die Bastei-Sprecherin. Aufsichtsratschef Wehrle gehe, um einer kompletten Neubesetzung des Gremiums nicht im Wege zu stehen.Die designierten neuen Aufsichtsräte von Bastei Lübbe, die alle auf der Hauptversammlung am 15. September gewählt werden sollen, stehen alle nach Auskunft der Sprecherin in keiner Geschäftsbeziehung zu dem Verlagshaus. Chefkontrolleur soll Robert Stein werden. Er ist Gründer und Managing Partner der in Köln ansässigen Private-Equity-Boutique Capnet. Der Betriebswirt war zuvor Geschäftsführer der von Sal. Oppenheim und IKB gegründeten Beteiligungsgesellschaft Argantis sowie zehn Jahre Partner im Deutschland-Team von 3i. “Mister Spex” kontrolliertWeitere Aufsichtsratsmitglieder bei Bastei Lübbe sollen der Kölner Rechtsanwalt Prof. Dr. Friedrich L. Ekey sowie Dr. Mirko Alexander Caspar, Geschäftsführer des Online-Optikers Mister Spex, werden.