US-Finanzriesen heizen Spekulationen um CEO-Nachfolgen an
US-Finanzriesen heizen Rennen um CEO-Nachfolgen an
Von Alex Wehnert, New York
Bank of America ist in den 15 Jahren unter CEO Brian Moynihan bisher ohne Präsidenten ausgekommen – nun hat das zweitgrößte US-Geldhaus gleich zwei. So steigen Dean Athanasia, bisher Leiter des regionalen Bankings, und Jim DeMare, Kopf der Global-Markets-Sparte, zeitgleich auf den Posten auf, den bei vielen Wall-Street-Häusern die rechte Hand des Vorstandschefs bzw. einer der wichtigsten Repräsentanten gegenüber Kunden innehat. Zugleich weitet Moynihan die Zuständigkeiten von Chief Financial Officer Alastair Borthwick aus, dieser soll künftig zusätzlich als Executive Vice President mehr operative Verantwortung beispielsweise für das Immobilienportfolio der Bank übernehmen.
Einfluss ausgeweitet
Damit eröffnet das Finanzinstitut laut Analysten ein enges Rennen um die Nachfolge Moynihans, der zuvor das von Bank of America übernommene Investmenthaus Merrill Lynch führte und 2010 im Anschluss an die Verwerfungen der Finanzkrise an die Vorstandsspitze aufrückte. DeMare und Athanasia sollen „weitreichende strategische Bemühungen koordinieren, die zentral für unsere langfristige Bedeutung sind“, schrieb Moynihan in einem Brief an die Belegschaft.

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So sollen sie am Ausbau der globalen Marktanteile der Bank und der Integration von künstlicher Intelligenz in Kundenanwendungen arbeiten. Die beiden Manager sind damit für alle Geschäftszweige des Geldhauses verantwortlich, die einzelnen Spartenchefs sind ihnen unterstellt. Borthwick gilt neben seinen neuen operativen Verantwortlichkeiten weiterhin als einer der wichtigsten strategischen Berater Moynihans und des Verwaltungsrats.
Bank of America ist dabei nicht der einzige Finanzriese, bei dem die Spekulationen um die CEO-Nachfolge heißlaufen. Beim größten Rivalen J.P. Morgan rüttelt Vorstandschef Jamie Dimon die Führungsetage regelmäßig durch. Im Januar schmiss er das Karussell im Corporate- und Investment Banking an: Der Branchenprimus verkündete damals, dass Jennifer Piepszak, die mit ihrem Kollegen Troy Rohrbaugh Anfang des vergangenen Jahres die Führung der Sparte übernahm, auf den Posten des Chief Operating Officer aufrücken würde.
Dimon-Stellvertreter verliert Macht
Dort löste sie Ende Juni Daniel Pinto ab, der zuvor als Präsident erster Stellvertreter Dimons war und nun bis Ende 2026 in den Ruhestand gehen soll. Bereits 2024 hatten mehrere Pinto-Verbündete das führende US-Geldhaus verlassen. Piepszak galt neben ihrer Kollegin Marianne Lake, die das Consumer und Community Banking von J.P. Morgan leitet, lange als aussichtsreiche Kandidatin für die Nachfolge von Konzernlenker Dimon. Nun strebt sie laut Bankmitteilung allerdings nicht den Spitzenjob an. Rohrbaugh, der die Corporate- und Investmentbank inzwischen in einer Doppelspitze mit Douglas Petno führt, wird an der Wall Street indes wiederholt als Kandidat für den CEO-Posten gehandelt.
Goldman Sachs hat im Investmentbanking ebenfalls durchrotiert und zu Jahresbeginn drei neue Co-Chefs der Sparte ernannt. Der Fokus der Marktteilnehmer liegt allerdings auf der Konzernspitze. Denn wenngleich sich CEO David Solomon durch eine starke Gewinnentwicklung nach zwischenzeitlich heftiger öffentlicher Kritik freigeschwommen hat und die Bank für ihn zuletzt in Form eines Bonuspakets mit 80 Mill. Dollar schweren, gestaffelten Aktienbezugsrechten einen Anreiz schuf, mindestens fünf weitere Jahre an Bord zu bleiben: Seine Nummer 2, John Waldron, hat sich bereits als nächster Vorstandschef in Stellung gebracht. Der Chief Operating Officer und Präsident von Goldman Sachs schlug angeblich ein Jobangebot von Apollo Global aus – die Dienste des Spitzenmanagers sollen dem Private-Equity-Riesen 500 Mill. Dollar wert gewesen sein.

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Waldron, so Branchenkenner, habe die Offerte nutzen können, um seinen Wert für die führende Investmentbank zu untermauern. Zunächst mal bringt sein Verbleib in der New Yorker West Street ihm den gleichen 80-Mill.-Dollar-Bonus ein wie Solomon. Der COO ist zuletzt auch in den Verwaltungsrat aufgestiegen und genießt ausgeweitete persönliche Nutzungsrechte für den Goldman-Firmenjet. Analysten betonen, dass der 63-jährige Solomon nicht für fünf Jahre auf dem CEO-Posten bleiben muss, um seinen Bonus einzusacken – er könne auch vorher in die Rolle des Chairman wechseln und Waldron die operative Leitung überlassen.
Der COO will solche Gedankenspiele nicht kommentieren. Allerdings profiliert er sich zunehmend als Repräsentant gegenüber Kunden und Medien, während Solomon zuletzt von US-Präsident Donald Trump auf den Deckel kriegte. Dem Republikaner missfielen kritische Analysen von Goldman-Chefvolkswirt Jan Hatzius zur Inflationsentwicklung in den USA. Trump wetterte, Solomon solle „losziehen und sich einen neuen Ökonomen suchen“ und griff den CEO auch direkt an. Statt ein großes Finanzinstitut zu führen, solle sich der Vorstandschef vielleicht lieber auf seine Aktivitäten als DJ konzentrieren, schrieb Trump im August auf der Plattform Truth Social in Anspielungen auf ein Hobby, dem Solomon nach wiederholten Negativ-Schlagzeilen nicht mehr öffentlich nachgeht.
Neue Struktur bei Blackrock
An der Wall Street herrscht also Hochsaison für Spekulationen um die Zukunft der führenden Banken. Für zusätzliches Summen sorgen die Vermögensverwalter: Blackrock hat ihr Exekutivkomitee jüngst gleich um 20 Mitglieder ausgeweitet. CEO Larry Fink und Präsident Robert Kapito betonten in einem internen Schreiben zudem, einen Management-Ausschuss mit den absoluten Spitzenkräften des Hauses „zu formalisieren“. Diesem sollen COO Rob Goldstein, CFO Martin Small, die Chefin des internationalen Geschäfts Rachel Lord sowie Adebayo Ogunlesi and Scott Kapnick, die Köpfe der übernommenen Firmen Global Infrastructure Partners and HPS Investment Partners, angehören.