Belén Garijo

Erste alleinige Dax-Chefin hört nächstes Jahr auf

Belén Garijo war die erste Frau, die je einen Dax-Konzern komplett allein geführt hat. Im Mai nächsten Jahres übergibt die Medizinerin und Managerin das Ruder bei Merck an den dortigen Elektronik-Spartenchef Kai Beckmann. Er galt zuvor bereits als Favorit.

Erste alleinige Dax-Chefin hört nächstes Jahr auf

Erste alleinige Dax-Chefin hört nächstes Jahr auf

kro Darmstadt
Von Karolin Rothbart, Frankfurt

Nun ist es offiziell: Beim Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern Merck steigt der Elektronik-Spartenchef Kai Beckmann demnächst zum CEO auf. Zum 1. Mai 2026 löst er Belén Garijo ab, deren Vertrag planmäßig endet, wie der Dax-Konzern am Donnerstag mitteilte. Die anstehende Personalie hatten Medien im Laufe des Jahres schon mehrfach kolportiert.

Als Vorstandsvorsitzende von Merck hat Garijo Geschichte geschrieben: Sie war die erste Frau, die je einen Dax-Konzern allein geführt hat. Vor ihr hatte es zwar schon die US-Amerikanerin Jennifer Morgan an die Spitze von SAP geschafft. Dort musste sie sich allerdings den Chefposten mit Christian Klein teilen.

Stand jetzt vier Dax-Chefinnen

Neben Garijo halten unter den 40 Dax-CEOs nach heutigem Stand vorerst noch Daimler-Truck-Chefin Karin Rådström, Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp und FMC-Chefin Helen Giza die Stellung als weibliche Vertreterinnen. Garijo hatte sich in der Vergangenheit zwar mehrfach gegen die Frauenquote ausgesprochen, aber auch konstatiert, dass Deutschland bei der Gleichstellung der Geschlechter aus ihrer Sicht noch Nachholbedarf habe.

Garijo wurde im spanischen Almansa geborenen und startete ihre berufliche Karriere als Ärztin im Fachgebiet klinische Pharmakologie in einem Krankenhaus in Madrid. Später wechselte sie in die Pharmaindustrie und durchlief Stationen bei Rhône-Poulenc Rorer, Abbott Laboratories und Sanofi-Aventis. 2011 kam sie erstmals zu Merck, wo sie zunächst für das operative Biopharmageschäft verantwortlich war. Zehn Jahre später rückte sie an die Konzernspitze von Merck.

Pharmasparte auf Produktsuche

Die heute 65-Jährige habe den Konzern „erfolgreich durch turbulente Jahre voller tiefgreifender Veränderungen geführt und das Unternehmen wieder auf einen profitablen Wachstumskurs gebracht“, sagte Johannes Baillou, Vorsitzender des Gesellschafterrats der E. Merck KG.

An der Börse zeichnet sich dieser Wachstumskurs allerdings nicht ab: Seit Garijos Amtsantritt hat die Aktie knapp 30% an Wert verloren. Das liegt unter anderem an Forschungsrückschlägen in der Pharmasparte, wo im kommenden Jahr erste Patente für Mavenclad auslaufen, ein Mittel gegen Multiple Sklerose. Dieses hatte in den vergangenen Jahren beständig zweistellige Wachstumsraten gezeigt. Mit dem potenziellen Nachfolge-Medikament Evobrutinib scheiterte Merck jedoch Ende 2023 in zwei entscheidenden klinischen Studien der Phase-3.

Ein weiterer Hoffnungsträger trug den Namen Xevinapant und sollte gegen Kopf-Hals-Tumore eingesetzt werden. Doch auch hier beendete Merck die Entwicklung im vergangenen Jahr, nachdem klar war, dass der primäre Endpunkt der Studien wahrscheinlich nicht erreicht werden würde. In Mercks Onkologie-Geschäft wuchs der Umsatz mit dem Darmkrebsmedikament Erbitux zuletzt zwar kräftig, allerdings ist das Mittel auch schon viele Jahre auf dem Markt und patentrechtlich nicht mehr geschützt.

Nach den zwei Forschungsrückschlägen in der Pharmasparte entschied man Merck in diesem Jahr nun, das Portfolio mit einem Zukauf zu stärken, der erst vor wenigen Monaten unter Dach und Fach gebracht wurde: Mit Springworks Therapeutics hat Merck für etwa 3 Mrd. Euro Merck einen US-Krebsspezialisten übernommen. Es ist der größte Zukauf seit Jahren. Springworks hat ein Mittel gegen seltene Tumore im Bindegewebe entwickelt, das seit Ende 2023 in den USA und seit Mitte August in der EU zugelassen ist.

Merck-Urgestein als Nachfolger

Garijos Nachfolger Beckmann arbeitet bereits seit 1989 bei Merck und ist seit 2011 Mitglied der Geschäftsleitung. Seit 2017 leitet er die Elektroniksparte, die mit einem Umsatzanteil von 15% den kleinsten der drei Merck-Bereiche darstellt.

Beckmann habe die Sparte umfassend auf die Halbleiterindustrie ausgerichtet. Er werde mit sofortiger Wirkung zum stellvertretenden Merck-Chef ernannt und leitet den Elektronik-Bereich weiter, bis eine Nachfolge gefunden ist, hieß es.