Exodus aus Geschäftsimperium

Wegbegleiter kehren Elon Musk den Rücken

Elon Musk hat in den vergangenen Wochen einige seiner wichtigsten Mitarbeiter verloren. Sie zu ersetzen, wird für den zunehmend isolierten Milliardär zur großen Herausforderung.

Wegbegleiter kehren Elon Musk den Rücken

Wegbegleiter kehren Musk den Rücken

Von Alex Wehnert, New York

Im nordamerikanischen Vertrieb kann Tesla-Chef Elon Musk derzeit jede Hand gebrauchen – doch nun ist ihm ausgerechnet sein wichtigster Spezialist abgesprungen. Troy Jones, Vice President für Sales, Service und Auslieferungen im größten Markt des E-Autobauers, hat sich Mitte Juli nach 15 Jahren aus dem Unternehmen verabschiedet. Er schließt sich damit einer wachsenden Schar hochrangiger Mitarbeiter an, die dem nicht nur bei der Regierung in Washington, sondern auch bei Aktionären zunehmend in Ungnade gefallenen Musk den Rücken kehren.

Der Abgang von Jones erfolgte weniger als einen Monat, nachdem mit Omead Afshar ein enger Vertrauter des CEO Tesla verlassen hatte. Dieser war seit 2017 bei dem E-Autobauer aktiv, leitete zunächst das Büro des Vorstandschefs und war für zentrale Projekte zuständig, darunter den Bau der mit einer Produktionsfläche von rund 930.000 Quadratmetern aufwartenden Gigafactory bei Austin. Afshars Befugnisse gingen laut Insidern so weit, dass viele Mitarbeiter ihn als Stellvertreter Musks wahrnahmen.

Unruhe um Bauprojekt

Dann warf jedoch der Bau eines gläsernen Gebäudes nahe der Unternehmenszentrale, das Angestellte als Haus für den CEO bezeichneten, Compliance-Fragen auf und zog interne Ermittlungen nach sich. Der verantwortliche Afshar zog sich in der Folge 2022 aus dem Tagesgeschäft von Tesla zurück, fiel aber weich: Zunächst war er bei Musks Raumfahrtfirma SpaceX für die Produktion des „Starship“ zuständig und folgte dem Milliardär nach dessen Twitter-Übernahme zu dem heute als X bekannten Kurznachrichtendienst. Im vergangenen Jahr wurde Afshar dann befördert – Musk machte ihn zum Aufseher des Tesla-Vertriebs und der Fertigung in Nordamerika und Europa.

Szenen einer Ehe: Die einst dicken Kumpels Elon Musk (links) und Donald Trump haben sich zerstritten.
Szenen einer Ehe: Die einst dicken Kumpels Elon Musk (links) und Donald Trump haben sich zerstritten.
picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Brandon Bell

Der Elektro-Vorreiter steckt inzwischen allerdings in einer veritablen Krise. So leidet er unter einer schleppenden Nachfrage amerikanischer Fahrer nach Stromern, die sich im abgelaufenen Quartal in einem erneuten Absatzrückgang um 13% ausdrückte. Musk sucht das Interesse der Autokäufer durch aggressive Rabattaktionen anzuheizen, die allerdings schwer auf der Profitabilität lasten. Zudem wirft Tesla die Anti-Nachhaltigkeitspolitik der US-Regierung aus der Bahn. Denn Präsident Donald Trump sorgt dafür, dass Tesla Erlöse aus dem Verkauf regulatorischer CO2-Gutschriften und Kaufanreize durch Steuervorteile für Fahrer von E-Autos verlustig gehen.

Folgenreicher Zwist mit Trump

Der Republikaner und sein einst wichtigster Unterstützer Musk haben sich im Streit um Trumps Haushaltspläne inzwischen öffentlich zerstritten. Zuvor verprellte der Tesla-Chef mit seinen Aktivitäten als Vorsitzender der neu geschaffenen Effizienzkommission DOGE die liberale Kernkundengruppe des E-Autobauers an den US-Küsten. Im Rahmen von DOGE hat Musk nach Ansicht von Kritikern ohne demokratische Legitimation massive Einschnitte bei US-Behörden verantwortet und Zugriff auf sensible Regierungsdaten erlangt. Selbst New Yorker Wirtschaftsköpfe, die geschäftliche Verbindungen zu Musk unterhalten, haben nach Informationen der Börsen-Zeitung ihre Tesla-Modelle verkauft oder an den Hersteller zurückgehen lassen.

Aktionäre monierten zudem wiederholt, Musks Tanz auf der politischen Bühne lenke ihn von seinen Kernaufgaben bei seinem gebeutelten Elektro-Unternehmen ab. Entsprechend erleichtert fiel zunächst die Kursreaktion aus, als Anfang April erste Meldungen über einen bevorstehenden Rückzug des 54-Jährigen aus der Trump-Administration die Runde machten. Seither hat sich der Abschwung bei Tesla aber noch verschärft, der Nettogewinn ist im abgelaufenen Quartal um 16% auf 1,2 Mrd. Dollar geschrumpft, die im Sektor einst neidvoll beäugte Marge auf 4,1% eingebrochen.

Kontroversen verschrecken Werbebranche

Musk, der wiederholt mit Kontroversen wie verbalen Angriffen auf Werbekunden seines Kurznachrichtendienstes oder dem Teilen antisemitischer Verschwörungstheorien für Negativschlagzeilen sorgt, hat indes auch seine wohl prominenteste Mitstreiterin verloren. So warf X-Chefin Linda Yaccarino im laufenden Monat nach einer turbulenten, etwas mehr als zwei Jahre dauernden Amtszeit hin.

Da hatte sie noch gut lachen: Die zurückgetretene X-Chefin Linda Yaccarino bei einem Event im Rosengarten des Weißen Hauses im Mai.
Da hatte sie noch gut lachen: Die zurückgetretene X-Chefin Linda Yaccarino bei einem Event im Rosengarten des Weißen Hauses im Mai.
picture alliance / Sipa USA | Sipa USA

Ihre Zukunft galt bereits seit Monaten als ungewiss, nachdem der Milliardär das Unternehmen im Frühjahr mit seinem KI-Startup xAI verschmolz und das von engeren Margen geprägte Social-Media-Geschäft zunehmend aus dem Fokus der Investoren rückte. Yaccarino soll wiederholt mit dem im vergangenen November verpflichteten CFO Mahmoud Reza Banki aneinandergeraten sein. Dieser hatte zuvor den von der Vorstandsvorsitzenden eingesetzten Head of Finance effektiv ersetzt und angeblich Druck bezüglich der Mittel ausgeübt, die seine Chefin für Kooperationen mit Prominenten aufwendete.

Kunden unter Druck gesetzt

Bei ihrem Antritt stand Yaccarino vor der Herausforderung, das durch Musks Kontroversen angekratzte Image von X aufzupolieren und die Plattform wieder für Werbekunden gangbar zu machen. Angeblich setzte sie Unternehmen wie den Kommunikationsdienstleister Verizon und die Modemarke Ralph Lauren mit Androhungen von Klagen und Verweis auf Musks enge Verbindungen zur Trump-Administration unter Druck, wieder Anzeigen über den Kurznachrichtendienst zu schalten. Der Analysedienst Emarketer geht davon aus, dass die Werbeerlöse der ehemaligen Twitter im laufenden Jahr erstmals seit der Übernahme wieder wachsen werden. Yaccarino soll die Rückkehr von Anzeigenkunden gegenüber Vertrauten als Argument angeführt haben, dass sie ihre Aufgabe bei X erfüllt habe und sich nun zurückziehen könne.

Neben ihr, Jones und Afshar haben sich auch die Chefin der Tesla-Personalabteilung, Jenna Ferrua, sowie der für die Entwicklung des humanoiden Roboters Optimus zuständige Milan Kovac aus Musks Geschäftsimperium verabschiedet. Sie zu ersetzen, dürfte für den zunehmend isolierten Milliardär laut Analysten zu einer schwierigen Aufgabe werden.